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30. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

20.09. - 22.09.2013, Bochum

Der besondere Fall: Dysphonie bei Tuberkulose

Poster

  • corresponding author presenting/speaker Almut Goeze - UKGM, Standort Marburg, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Marburg, Deutschland
  • Sabrina Doallo Kramer - UKGM, Standort Marburg, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Marburg, Deutschland
  • Afshin Teymoortash - UKGM, Standort Marburg, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Marburg, Deutschland
  • Walter Hundt - UKGM, Standort Marburg, Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Marburg, Deutschland
  • author Roswitha Berger - UKGM, Standort Marburg, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Marburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 30. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Bochum, 20.-22.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocP25

doi: 10.3205/13dgpp58, urn:nbn:de:0183-13dgpp582

Veröffentlicht: 5. September 2013

© 2013 Goeze et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Tuberkulose gehört weltweit betrachtet zu einer weiterhin häufigen Erkrankung (ca. 1/3 der erwachsenen Weltbevölkerung mit TBC-Bakterien infiziert). Wie auch bei anderen respiratorischen Infekten kann es neben dem Symptom Husten und Auswurf auch zu einer Dysphonie kommen.

Material und Methoden: Fallvorstellung: Vorstellung der Patientin (aus Afrika stammend) wegen seit ca. 2 Monaten rezidivierender Heiserkeit. Auf Nachfrage auch Angabe von teils produktivem Husten und Fieberschüben. Unsererseits erfolgte eine stroboskopische Untersuchung, im weiteren Verlauf eine bildgebende Diagnostik mit CT Hals/Thorax und eine Magensaftuntersuchung.

Ergebnisse: In der stroboskopischen Untersuchung zeigten sich gerötete, verdickte Stimmlippen mit Gefäßinjektionen und Schleim bis in den supraglottischen Bereich. Subglottisch war eine destruierende, tumorös wirkende Raumforderung erkennbar. In der weiteren Diagnostik im CT zirkuläre Wandverdickung der Trachea, teilweise irregulär und mit fokal vermehrter Kontrastmittelaufnahme, azinäre Fleckschatten, teilweise konfluierend sowie bronchiolitische Veränderungen mit Tree-in-Bud Sign im linken Oberlappen sowie S6 links dringend verdächtig auf eine pulmonale Tuberkulose. In der Magensaftuntersuchung Nachweis von Tuberkel-Bakterien.

Diskussion: In Zusammenschau der Ergebnisse ist die zunächst tumorös imponierende Raumforderung als Manifestation der Tuberkulose-Erkrankung zu werten. Trotz der in Deutschland relativ selten auftretenden offenen Tuberkulose (laut RKI 42/100.000 erfasste Neuerkrankungen 2010) sollte insbesondere bei Patienten aus anderen Herkunftsländern (z.B. aus Afrika, Osteuropa, Thailand) bei rezidivierend auftretendem, teils produktivem Husten differenzialdiagnostisch eine Tuberkulose bedacht werden.


Text

Hintergrund

Tuberkulose (TBC) gehört weltweit betrachtet zu einer weiterhin häufigen Erkrankung (ca. 1/3 der erwachsenen Weltbevölkerung mit TBC-Bakterien infiziert, dabei entwickeln ca. 5–10% der immunkompetenten Patienten eine behandlungsbedürftige Tuberkulose) [1]. Wie auch bei anderen respiratorischen Infekten kann es neben dem Symptom Husten mit oder ohne Auswurf auch zu einer Dysphonie kommen.

Da die Heiserkeit für Außenstehende schnell hörbar ist, kann dies bei der Vorstellung von Patienten in der Notaufnahme dazu führen, dass diese Patienten primär dem HNO-ärztlichen Notdienst und nicht dem internistischen/allgemeinmedizinischen Diensthabenden zugeteilt werden.

Material und Methoden

Fallvorstellung: Die aus Afrika stammende Patientin, die in Deutschland studiert, wurde uns konsiliarisch zur Mitbeurteilung bei Dysphonie von der HNO-Klinik vorgestellt. Wegen einer seit ca. 2 Monaten bestehenden Heiserkeit hatte sie sich dort wiederholt in der Notaufnahme/ Poliklinik vorgestellt. Auf Nachfrage gab sie auch teils produktiven Husten und Fieberschübe an.

Unsererseits erfolgte eine stroboskopische Untersuchung, im weiteren Verlauf wurde noch eine bildgebende Diagnostik mit CT Hals/Thorax und eine Magensaftuntersuchung sowie Tuberkulose-PCR (Polymerase-chain-reaction) durchgeführt.

Ergebnisse

In der stroboskopischen Untersuchung zeigten sich gerötete, verdickte Stimmlippen mit Gefäßinjektionen und Schleim bis in den supraglottischen Bereich. Subglottisch war eine destruierende, tumorös wirkende Raumforderung erkennbar (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Zur weiteren Abklärung bezüglich dieser Raumforderung wurde eine CT-Untersuchung veranlasst. Hier fanden sich eine zirkuläre Wandverdickung der Trachea, teilweise irregulär und mit fokal vermehrter Kontrastmittelaufnahme, azinäre Fleckschatten, teilweise konfluierend, sowie bronchiolitische Veränderungen mit Tree-in-Bud Sign im linken Oberlappen sowie S6 links. Diese Auffälligkeiten wurde dringend verdächtig auf eine pulmonale Tuberkulose gewertet. Durch den mikrobiologischen Nachweis von Tuberkel-Bakterien in der Ziehl-Neelsen-Färbung im Magensaft sowie positive M. tuberculosis-PCR wurde die Verdachtsdiagnose bestätigt.

Die weitere Betreuung und Behandlung erfolgte auf der Isolierstation mit einer entsprechenden tuberkulostatischen Therapie mit Isozid, Pyrafat/Rifampizin und Ethambutol.

Diskussion

In Zusammenschau der Ergebnisse ist die zunächst tumorös imponierende Raumforderung unserer Patientin als Manifestation der Tuberkulose-Erkrankung zu werten.

Da die junge Patientin in Deutschland keinen Hausarzt hatte, stellte sie sich wegen ihrer Beschwerden in der Notaufnahme des Klinikums vor. Hierbei fiel die Heiserkeit als deutlich erkennbares Symptom auf, so dass die Zuteilung nicht zum internistischen oder allgemeinmedizinischen Diensthabenden, sondern dem HNO-ärztlichen Kollegen erfolgte. Dem Fachgebiet entsprechend wurde bei der Untersuchung hierbei zunächst der Schwerpunkt nicht auf die pulmonologische Abklärung gelegt.

Auch war bei der Erteilung des Visums als Studentin eine entsprechende Abklärung hinsichtlich TBC (wie in anderen Ländern teilweise üblich) nicht gefordert.

Durch Verzögerung der Diagnosestellung hatte die Patientin vielfältigen Kontakt auch zu vielen Personen in der Klinik, die entsprechend in der Folge betriebsärztlich bezüglich einer TBC-Infektion untersucht werden mussten. Zudem wurde eine spezifische Desinfektion vieler Räume erforderlich.

Die Diagnosestellung der Tuberkulose kann schwierig sein, da bei der Tuberkulose initial häufig keine charakteristischen Beschwerden bestehen. Leitsymptom der Lungentuberkulose ist Husten mit oder ohne Auswurf, gelegentlich auch blutig. Mögliche weitere Allgemeinsymptome können Einschränkungen des Allgemeinempfindens, Appetitmangel, Gewichtsabnahme, leichtes Fieber, vermehrtes Schwitzen oder allgemeine Schwäche sein [1]. Diese Symptome bestätigte die Patientin auf Nachfrage.

Jeder Husten, der über 3 Wochen anhält, sollte daher ärztlich (auch pulmonologisch) abgeklärt werden [1].

Fazit

Trotz der in Deutschland relativ selten auftretenden Tuberkulose (Inzidenz 2012: 5,2) [2] sollte insbesondere bei Patienten aus anderen Herkunftsländern (z.B. aus Afrika, Osteuropa, Thailand) bei rezidivierend auftretendem, teils produktivem Husten differenzialdiagnostisch eine Tuberkulose bedacht werden. In unserem Fall war die tumorös wirkende subglottische Raumforderung wegweisend für die weitere Diagnostik, die letztlich zur Diagnosestellung Tuberculose führte.


Literatur

1.
Robert-Koch-Institut. RKI-Ratgeber für Ärzte-Tuberkulose. Fachlich-inhaltlich überarbeitete Fassung vom Januar 2013; Erstveröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin 11/2000
2.
Robert-Koch-Institut. Infektionsepidemiologisches Jahrbuch für 2012. Berlin; 2013