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28. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.
2. Dreiländertagung D-A-CH

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.
Schweizerische Gesellschaft für Phoniatrie; Sektion Phoniatrie der Österreichischen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie

09.09. - 11.09.2011, Zürich, Schweiz

Standardisierte Überprüfung der Mundmotorik von Kindern mit einer Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte (LKGS) mit dem NOT-S (Nordic Orafacial Test-Screening)

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  • corresponding author Sabine Bader - Hals-Nasen-Ohrenklinik und Poliklinik, Schwerpunkt Kommunikationsstörungen der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland
  • Susanne Wriedt - Poliklinik für Kieferorthopädie der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland
  • Annerose Keilmann - Hals-Nasen-Ohrenklinik und Poliklinik, Schwerpunkt Kommunikationsstörungen der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 28. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP), 2. Dreiländertagung D-A-CH. Zürich, 09.-11.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dgppP08

doi: 10.3205/11dgpp22, urn:nbn:de:0183-11dgpp228

Veröffentlicht: 18. August 2011

© 2011 Bader et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Einleitung: Zur Überprüfung der Mundmotorik werden in Deutschland in der Medizin und der Zahnmedizin verschiedene, nicht standardisierte Untersuchungen durchgeführt. Mit dem in Skandinavien entwickelten Nordic Orofacial Test-Screening [1], den wir bereits an Kindern mit einer schweren Sprachentwicklungsstörung eingesetzt haben, liegt ein einfach durchzuführender Test vor.

Methode: Mit Hilfe des NOT-S wurden 24 Kinder mit einer LKGS untersucht und mit einer gleichaltrigen Gruppe unauffälliger Kinder, sowie mit Kindern mit einer schweren Sprachentwicklungsstörung verglichen.

Ergebnisse: Im Vergleich zur unauffälligen Kontrollgruppe zeigten sich bei den Kindern mit einer LKGS und den Kindern mit einer schweren Sprachentwicklungsstörung etwas schlechtere Ergebnisse. In den Gesamtergebnissen unterschieden sich die Kinder mit einer LKG und die Kinder mit einer schweren Sprachentwicklungsstörung nicht. Allerdings zeigten sich in den einzelnen Untertests verschiedene Schwerpunkte.

Schlussfolgerung: Auch bei der Untersuchung von Patienten mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte kann der NOT-S als einfaches und richtungweisendes Instrument zur Beurteilung der Mundmotorik benutzt werden.


Text

Einleitung

Im deutschen Sprachraum werden derzeit in der Medizin und in der Zahnmedizin verschiedene, nicht standardisierten Untersuchungen der Mundmotorik eingesetzt. Mit dem in Skandinavien von der Nordic Association for Disability and Oral Health (NFH) entwickelten Nordic Orofacial Test-Screening [1], den wir bereits an Kindern mit schweren spezifischen Sprachentwicklungsstörungen eingesetzt haben, steht ein einfach durchzuführender Test mit je 6 Items zur Anamnese und Untersuchung zur Verfügung. Sowohl das Interview als auch die Untersuchung nehmen nur wenige Minuten in Anspruch. Für den Nordic Orofacial Test (NOT-S) liegt in mehreren Sprachen schon eine Normierung vor. Die entsprechenden Formulare können unter http://www.mun-h-center.se eingesehen werden.

Methode

In Zusammenarbeit mit der Poliklinik für Kieferorthopädie der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wurden 24 Kinder mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte mit Hilfe des NOT-S untersucht und die Eltern befragt. Die Ergebnisse wurden mit einer unauffälligen, gleichaltrigen Kontrollgruppe (n=40) und einer Gruppe von Kindern mit schweren spezifischen Sprachentwicklungsstörungen (n=60) verglichen. Im Interview wurden die Items sensorische Funktion, Atmung, Gewohnheiten, Kauen und Schlucken, Speichelaustritt, Mundtrockenheit mittels weniger Fragen überprüft. Im Untersuchungsteil, der mit Hilfe der bebilderten Anleitung in Form eines Handbuches durchgeführt wurde, wurden die Kategorien Gesicht in Ruhe, Nasenatmung, Gesichtsausdruck, Kaumuskel und Kieferfunktion, orale Bewegungsfunktion und Sprache erfasst.

Ergebnisse

In der Tabelle 1 [Tab. 1] sind die Mittelwerte für die Gesamtwerte, das Interview und die Untersuchung aus unserer Untersuchung der Kinder mit LKGS, der Kinder mit schweren spezifischen Sprachentwicklungsstörungen und der unauffälligen Kinder aufgeführt und den von den Entwicklern des NOT-S angegebenen Normwerten gegenübergestellt.

Die Kinder mit einer LKGS und die Kinder mit einer schweren Sprachentwicklungsstörung hatten sowohl in den Gesamtergebnissen, wie auch in den einzelnen Unterergebnissen ein etwas schlechteres Ergebnis als die unserer Vergleichsgruppe und der von Bakke et al. [1].

Die Abbildungen 1 [Abb. 1] und 2 [Abb. 2] zeigen die Ergebnisse der 6 Items des Interviews und der Untersuchung.

Die Kinder mit einer LKGS hatten im Bereich Atmung und im Bereich Kauen und Schlucken die größten Beeinträchtigungen (je 21%). Störungen der sensorischen Funktion und Gewohnheiten fanden sich bei 17% der Kinder. Im Vergleich zu den Kindern mit SES und der unauffälligen Kindern zeigten sich die größten Unterschiede bei der sensorischen Funktion und der Atmung (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Auch bei der Untersuchung (Abbildung 2 [Abb. 2]) konnte in allen 6 Rubriken eine Einschränkung der Funktion bei den Kindern mit LKGS ermittelt werden. Erwartungsgemäß war der Unterschied am deutlichsten bei der Beurteilung des Gesichtes in Ruhe (LKGS 50%, Kontrollgruppe 10%, SES 42%) und des Gesichtsausdruckes (LKGS 42%, Kontrollgruppe 0%, SES 15%).

Diskussion

Unsere Untersuchung zeigte, dass der NOT-S ein einfach zu handhabendes Instrument zur Überprüfung der Mundmotorik ist. Die Durchführung gestaltet sich mit Hilfe des Handbuches leicht verständlich und kann auch von nichtmedizinischem Personal schnell erlernt und ausgeführt werden.

Die Kinder mit schweren Sprachentwicklungsstörungen und die Kinder mit einer LKGS hatten im NOT-S ein etwas schlechteres Ergebnis als die Vergleichsgruppe, aber keinen Unterschied im Gesamtergebnis. Bei der Überprüfung der Untertests zeigten sich jedoch verschieden Schwerpunkte. So zeigten Kinder mit einer SES die stärksten Beeinträchtigungen im Bereich Sprache und die Kinder mit einer LKGS im Bereich Gesicht in Ruhe und Gesichtsausdruck.

Erwähnenswert ist auch, dass bei der Kontrollgruppe die Geschlechterverteilung in etwa gleich war, in der Gruppe der Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen und bei den Kindern mit einer LKGS jedoch über 60% der Kinder männlich waren.

Unsere Ergebnisse belegen, dass auch bei der Untersuchung von Patienten mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte der NOT-S im Sinne eines Screenings als einfaches und richtungweisendes Instrument zur Beurteilung der Mundmotorik benutzt werden kann.


Literatur

1.
Bakke M, Bergendal B, McAllister A, Sjögreen L, Asten P. Development and evaluation of a comprehensive screening for orofacial dysfunction. Swed Dent J. 2007;31(2):75-84.