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Erste Ergebnisse eines computergestützten Stimmbelastungstests
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Veröffentlicht: | 27. August 2008 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Einleitung: Für die Diagnostik von Stimmstörungen werden geeignete Stimmbelastungstests benötigt, da die von den Patienten geschilderten Beschwerden in der phoniatrischen Routineuntersuchung oft nicht verifizierbar sind. Ideal wäre, die arbeitstägliche Belastung zu messen, jedoch ist die Erfassung von Stimmparametern unter realen beruflichen Anforderungen noch im Versuchsstadium. Für die Praxis sind Untersuchungsbedingungen erforderlich, die diese Anforderungen in wesentlich kürzerer Zeit simulieren. Bisher durchgeführte Tests sind nicht normiert und dadurch nicht vergleichbar.
Material und Methode: 28 Patienten mit Stimmstörungen unterschiedlicher Diagnosen und 12 Probanden ohne Stimmbeschwerden füllten vor und nach dem Stimmbelastungstest Fragebögen (VHI 12 und Symptom-Fragebogen) aus und durchliefen eine akustische Stimmklanganalyse (Göttinger Heiserkeitsdiagramm – GHD). Im Stimmbelastungstest der Fa. XION, Berlin, wurde ein Text jeweils fünf Minuten in den Lautstärken 70dB(A), 75dB(A) und 70dB(A) vorgelesen (Wechseltest nach Seidner). Während des Lesens wurden Lautstärke und Grundfrequenz automatisch gemessen und die Probanden über Unter- bzw. Überschreitungen der Lautstärke durch ein entsprechend farbiges Monitorbild informiert.
Ergebnisse: Der vorgestellte Stimmbelastungstest ist praktisch problemlos durchführbar. Dazu trägt die automatische Einhaltung des Mund-Mikrofonabstands durch ein Headset-Mikrofon ebenso bei wie die visuelle Darstellung der Pegelunterschreitungen. Für die Auswertung können die Befunde anschaulich grafisch dargestellt und dokumentiert werden. In unserer Untersuchung konnten Personen, die eine verminderte Stimmbelastbarkeit im Alltag angeben, von Personen ohne Stimmbeschwerden differenziert werden.
Diskussion: Anhand der bisher vorliegenden Ergebnisse ist der neue Stimmbelastungstest ein praxistaugliches Verfahren, mit dem eine mangelnde Stimmbelastbarkeit festgestellt und dokumentiert werden kann. Durch die computergestützte Durchführung und Auswertung ist eine gute Vergleichbarkeit der Ergebnisse gegeben. Weitere Untersuchungen müssen zeigen, ob sich der Test in der Verlaufskontrolle eignet, Verbesserungen in der Stimmtechnik, v.a. nach Stimmtherapie, aufzuzeigen und zu dokumentieren.
Text
Einleitung
In der Diagnostik, Therapie und Prävention von Stimmstörungen wird es immer wichtiger, geeignete Testverfahren zur Beurteilung der stimmlichen Belastbarkeit mit einem vertretbaren personellen, apparativen und zeitlichen Aufwand zu entwickeln. Die von den Patienten geschilderten Beschwerden lassen sich häufig in der phoniatrischen Routineuntersuchung nicht verifizieren, da die arbeitstägliche Belastung in der Untersuchung nicht nachvollzogen werden kann. Die Erfassung von Stimmparametern unter realen beruflichen Anforderungen während eines Arbeitstages ist erst im Versuchsstadium. Für die Praxis sind Untersuchungsbedingungen erforderlich, die diese Anforderungen in wesentlich kürzerer Zeit simulieren. Bisher schon durchgeführte Tests sind nicht normiert und dadurch nicht vergleichbar.
Ziel der Untersuchung war die Erprobung eines neuen Stimmbelastungstests, der in eine kommerzielle Software eingebunden ist. Dabei sollte herausgefunden werden, ob und wie sich eine verminderte Stimmbelastungsfähigkeit durch den Test darstellen lässt und ob sich stimmgestörte Patienten von beschwerdefreien Probanden anhand des Stimmbelastungstests und einer akustischen Stimmklanganalyse differenzieren lassen.
Material und Methode
In die Studie wurden 28 Patienten mit Stimmstörungen unterschiedlicher Diagnosen und 12 Probanden ohne Stimmbeschwerden eingeschlossen.
Vor dem 15-minütigen Stimmbelastungstest wurden zwei Fragebögen (VHI 12 und Symptom-Fragebogen) ausgefüllt und eine akustische Stimmklanganalyse (Göttinger Heiserkeitsdiagramm – GHD) durchgeführt. Sofort im Anschluss an die Stimmbelastung erfolgte eine erneute Stimmklanganalyse. Nach 30 Minuten Erholungspause wurde nochmals der Symptom-Fragebogen ausgefüllt, sowie eine letzte Stimmklanganalyse durchgeführt.
Stimmbelastungstest: Es wurde der Stimmbelastungstest der Fa. XION medical, Berlin, verwendet. Zur Stimmbelastung wird der Text „Das tapfere Schneiderlein“ jeweils fünf Minuten in den Lautstärken 70dB(A), 75dB(A) und wieder 70dB(A) vorgelesen (Wechseltest nach Seidner). Dabei werden die Lautstärke und die Grundfrequenz gemessen. Die Probanden werden während des Lesens zur Selbstkontrolle und Motivation über Unter- bzw. Überschreitungen der Lautstärke durch ein entsprechend farbiges Monitorbild informiert. Ein Headset-Mikrofon ermöglicht die Durchführung des Belastungstests unter definierten, reproduzierbaren Verhältnissen. Die automatische Auswertung und visuelle Darstellung beinhaltet die prozentuale Pegelunterschreitung pro Belastungsstufe, den tatsächlichen Schallpegel über die Zeit mit Über- und Unterschreitungen und die mittlere Sprechstimmlage je Belastungsstufe. Zusätzlich kann eine automatisch generierte Statistik in Form einer MS Excel-Tabelle abgerufen werden, die die genannten Werte für alle 15 Minuten einzeln beinhaltet.
Ergebnisse
Fragebögen: Die Patienten schätzten ihre Sprechbelastung im Alltag höher ein als die Probanden, der Unterschied ist jedoch nicht signifikant. Im VHI beurteilten die Patienten ihre Stimme signifikant schlechter, ebenso in der Einschätzung des Stimmbefindens am Untersuchungstag.
In der Bewertung der Symptome im Hals- und Rachenbereich (Brennen, Trockenheit, Hustenreiz, Verschleimung und Schluckstörungen) gaben die Patienten signifikant höhere Belastungen an, sowohl vor als auch nach der Stimmbelastung. Ebenso empfanden sie das Lesen als anstrengender und das Erreichen der geforderten Lautstärke als nicht möglich.
Stimmbelastungstest: Die Auswertung des Belastungstests ergab einen im Durchschnitt in jeder Minute niedrigeren Lautstärkepegel der Patienten im Vergleich mit den Probanden.
Heiserkeitsanalyse: Bei den Probanden zeigt sich im medianen Verlauf der Irregularitätswerte eine stetige Verbesserung, während es bei den Patienten zu einer stetigen Verschlechterung kommt.
Bei der Stimmbehauchung zeigt sich ein sehr ähnlicher Verlauf zwischen Probanden und Patienten. Auffällig ist, dass die Probanden trotz eines schlechteren Ausgangswertes vor Belastung im Verlauf niedrigere Werte zeigen.
Im Vergleich der Angaben in den Fragebögen mit den Ergebnissen des Stimmbelastungstests zeigt sich, dass die Studienteilnehmer, die eine hohe Leseanstrengung angegeben haben, auch eine hohe Unterschreitungsanzahl aufwiesen. Personen, die eingeschätzt haben sie hätten die Lautstärke gut eingehalten, wiesen niedrige Unterschreitungsanzahlen und Personen, die sich als schlecht eingeschätzt haben, hohe Unterschreitungsanzahlen auf.
Diskussion
Der neue Stimmbelastungstest ist praktisch problemlos durchführbar. Dazu trägt die automatische Einhaltung des Mund-Mikrofonabstands durch das Headset-Mikrofon ebenso bei wie die visuelle Darstellung der Pegelunterschreitungen durch die Farbveränderungen des Computerbildschirms, die den Untersuchten ausreichend deutlich die Unter- bzw. Überschreitungen anzeigen, ohne dass der Blick vom gelesenen Text abgewendet werden muss. Für die Auswertung des Tests durch den Untersucher können die Befunde anschaulich grafisch dargestellt und dokumentiert werden.
Der verwendete Stimmbelastungstest ist geeignet, Personen, die eine verminderte Stimmbelastbarkeit im Alltag angeben, von Personen ohne Stimmbeschwerden zu differenzieren.
Anhand der bisher vorliegenden Ergebnisse kann gesagt werden, dass der vorgestellte Stimmbelastungstest ein praxistaugliches Verfahren ist, mit dem eine mangelnde Stimmbelastbarkeit festgestellt und dokumentiert werden kann.
Weitere Untersuchungen müssen zeigen, ob sich der Test in der Verlaufskontrolle eignet, Verbesserungen in der Stimmtechnik, v.a. nach Stimmtherapie, aufzuzeigen und zu dokumentieren.