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25. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

12.09. - 14.09.2008, Düsseldorf

Hörstörungen bei Alpha-Mannosidose-Patienten

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  • corresponding author presenting/speaker Sabine Nospes - Klinik für Kommunikationsstörungen, Mainz, Deutschland
  • author R. Hartung - Kinderklinik, Johannes Gutenberg Universität, Mainz, Deutschland
  • author M. Beck - Kinderklinik, Johannes Gutenberg Universität, Mainz, Deutschland
  • author Annerose Keilmann - Klinik für Kommunikationsstörungen, Mainz, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 25. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. Düsseldorf, 12.-14.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. Doc08dgppP05

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgpp2008/08dgpp29.shtml

Veröffentlicht: 27. August 2008

© 2008 Nospes et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Alpha-Mannosidose ist eine durch einen Mannosidase-Mangel verursachte autosomal rezessive lysosomale Speichererkrankung. Erkrankungen des Ohres betreffen nahezu jeden Patienten.

Methode/Patienten: Die Daten wurden im Rahmen einer prospektiven Studie zum spontanen Krankheitsverlauf erhoben. Bei 25 Patienten (1– 42 Jahre; 9 weiblich – 16 männlich) erfolgten angepasst an das intellektuelle Leistungsvermögen tonaudiometrische Untersuchungen. Die bisherige chirurgische HNO-Therapie und die Versorgung mit Hörgeräten wurden ermittelt.

Ergebnisse: Eine Schwerhörigkeit diagnostizierten wir bei allen Patienten. Eine mindestens hochgradige Schwerhörigkeit ergab sich bei 21 Personen, eine geringgradige Schwerhörigkeit bei 3 Patienten und eine Hochtonschwerhörigkeit bei einem 7 Jahre alten Jungen. Meist bestand eine kombinierte Hörstörung. 20 Patienten wurden beginnend im Alter von 10 Monaten bis zum 11. Lebensjahr mit Hörgeräten versorgt. 14 Patienten wurden hno-chirurgisch behandelt.

Fazit: Alle Mannosidose-Patienten litten unter Hörstörungen. HNO-ärztliche Kontrollen und an den geistigen Entwicklungsstand des Patienten angepasste audiometrische Untersuchungen sollten zumindest jährlich durchgeführt werden, um einen progredienten Verlauf der Hörstörung zu erkennen und entsprechend zu behandeln


Text

Einleitung

Die Alpha-Mannosidose ist eine autosomal rezessiv vererbbare durch eine Verminderung der lysosomalen Alpha-Mannosidase Aktivität bedingte lysosomale Speicher-Erkrankung des Glycoprotein-Katabolismus [1], [2]. Klinisch finden sich unterschiedliche Erkrankungsphänotypen [3], [4], [5], [6]. Alle Patienten leiden unter Erkrankungen der Ohren. Akute und chronische Mittelohrentzündungen mit anhaltenden Paukenergüssen verursachen Schallleitungsschwerhörigkeiten [7]. Die Alpha-Mannosidose führt regelmäßig zu sensorineuralen Hörverlusten.

Material/Methode

Die Daten wurden im Rahmen einer interdisziplinären prospektiven Studie zum spontanen Krankheitsverlauf erhoben [8]. Bei 25 Patienten (1–42 Jahre; 9 weiblich – 16 männlich) erfolgten angepasst an das intellektuelle Leistungsvermögen Tonaudiometrien, nach Möglichkeit mit Knochenleitungsmessung und Hochtonaudiometrie. Ergänzend wurden bei einigen Patienten Tympanogramme gemessen und Otoakustische Emissionen abgeleitet. Die bisherige chirurgische HNO-Therapie und die Versorgung mit Hörgeräten wurden ermittelt. Weitere Ergebnisse werden im Rahmen der Verlaufstudie nach 12 Monaten und 24 Monaten erhoben werden.

Ergebnisse

Eine Schwerhörigkeit diagnostizierten wir bei allen Patienten. Eine mindestens hochgradige Schwerhörigkeit ergab sich bei 21 Personen, eine geringgradige Schwerhörigkeit bei 3 Patienten und eine Hochtonschwerhörigkeit bei einem 7 Jahre alten Jungen. Meist bestand eine kombinierte Hörstörung. 20 Patienten wurden bereits mit Hörgeräten versorgt. Die erste Hörgeräteversorgung erfolgte jeweils im Alter von 10 Monaten bis zum 11. Lebensjahr. Ein Patient akzeptierte keine Hörgeräte. 3 Patienten benötigten bisher keine Hörgeräte. Bei einem 1-jährigen Kind stand die endgültige Diagnostik noch aus. Kein Patient benötigte bisher ein Cochlea Implant. 14 Patienten wurden hno-chirurgisch behandelt.

Diskussion

Alle von uns untersuchten Mannosidose-Patienten litten unter einer meist kombinierten Hörstörung. Das Fehlen von Alpha-Mannosidase bewirkt eine Blockade im Glycoprotein-Abbau. Dies führt zur lysosomalen Speicherung Mannose-haltiger Oligosaccharide [1], [3]. Letztendlich vergrößern sich die Lysosomen mit der Bildung von Vakuolen und es resultiert eine Schädigung der zellulären Funktion, hier der Innenohrfunktion. Unsere Patienten entwickelten alle im Krankheitsverlauf einen sensorineuralen Hörverlust. Schallleitungsschwerhörigkeiten bei Alpha-Mannosidose Patienten entstehen vermutlich aufgrund von immunologischen Defiziten [9] in Kombination mit Tubenbelüftungsstörungen, welche durch Speicherung von Oligosacchariden und Glycoproteinen in der pharyngealen Mukosa, den Adenoiden und Gaumentonsillen ausgelöst werden. Eine Enzymersatztherapie steht bisher noch nicht als Behandlungsoption zur Verfügung. Erste Therapieerfolge werden nach hämatogener Stammzelltransplantation berichtet [10]. In den meisten Fällen besteht im klinischen Verlauf die Notwendigkeit zur chirurgischen HNO-Therapie (beispielsweise Adenotonsillektomie, Paukendrainagen). Die meisten Patienten benötigen außerdem eine Hörgeräteversorgung zur Behandlung der Hörstörung. Pädaudiologische oder HNO-ärztliche Kontrollen mit an den geistigen Entwicklungsstand des Patienten angepassten audiometrischen Untersuchungen sollten zumindest einmal jährlich durchgeführt werden, um einen progredienten Verlauf der Hörstörung zu erkennen und fachgerecht zu behandeln.


Literatur

1.
Thomas GH. Disorders of glycoprotein degradation: alpha-mannosidosis, beta-mannosidosis, fucosidosis, and sialidosis. In: Scriver CR, Beaudet AL, Valle D, Sly WS, eds. The metabolic & molecular bases of inherited disease, vol. III, 8th ed. New York: McGraw-Hill, 2001. p. 3507–33.
2.
Heikinheimo P, Helland R, Schröder leiros HK, Leiros I, et al. Structure of the Bovine Lysosomal alpha-Mannosidase, the Enzyme Involved in the Lysosomal Storage Disease alpha-Mannosidosis. ESRF; 2002. http://www.esrf.eu/UsersAndScience/Publications/Highlights/2002/MX/MX7 Externer Link
3.
Yunis JJ, Lewandowski RC, Sanfilippo SJ, Tsai MY, Foni I, Bruhl H. Clinical manifestations of Mannosidosis-A longitudinal study. Am J Med. 1976;6(12):841-8.
4.
Kraft E, Zorowka P. Pädaudiologisch-phoniatrische Aspekte der Mannosidose. HNO. 1990;38(3):99-101.
5.
Lyons MJ, Wood T, Espinoza L, Stenland HM, Holden KR. Early onset alpha-mannosidosis with slow progession in three Hispanic males. Dev Med Child Neurol. 2007;49(11):854-7.
6.
Gutschalk A, Hating I, Cantz M, Springer C, Rohrschneider K, MeinckHM. Adult alpha-mannosidosis: clinical progression in the absence of demyelination. Neurology. 2004;3(9):1744-6.
7.
Ahmmed AU, O´Halloran SM, Roland NJ, Starkey M, Wraith JE. Hearing loss due to Mannosidosis and otitis media with effusion. J Laryngol Otol. 2003;117(4):307-9.
8.
Friis C.The Natural History of Alpha Mannosidosis, Trial ID: rhLAMAN-01, 18 December 2006, C Friis, MSc. Pharm, Roskildevej 12 C, DK-3400 Hillerod.
9.
Castaneda JA, Lim MJ, Cooper JD, Pearce DA. Immune system irregularities in lysosomal storage disorders. Acta Neuropathol. 2008;115(2):159-74.
10.
Grewal SS, Shapiro EG, Krivit W, Peters C, et al. Effective treatment of alpha-mannosidosis by allogeneic hematopoietic stem cell transplantation. J Pediatr. 2004;144(5):569-73.