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Hörschwellenschätzung mit dem Cochlea-Scan bei Kindern in der klinischen Anwendung
Hearing threshold estimation with the cochlea scan in children in the clinical application
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Veröffentlicht: | 28. August 2007 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Mit dem Cochlea-Scan (Fischer-Zoth) steht ein Gerät für klinische Messungen der Wachstumsfunktion des Distorsionsprodukts otoakustischer Emissionen für die Hörschwellenschätzung zur Verfügung. Die Anwendung wurde bei Neugeborenen, Säuglingen und Kindern untersucht.
Bei 95 Kindern (7d-1,7a, MW 5a±4m) wurden mit dem Cochlea-Scan Messungen in den Frequenzen 1,5, 2, 3, 4 und 6 kHz und altersabhängig eine Freifeld- oder Kopfhöreraudiometrie durchgeführt. Die Schwellen wurden mit dem Wilcoxon-Test verglichen und es wurde mit einer Varianzanalyse (ANOVA) überprüft, ob die Frequenz ein bestimmender Faktor für die Schwelle war.
Verglichen mit der Freifeldaudiometrie lieferte das Cochlea-Scan signifikant niedrigere Schwellen bei 2 bis 6 kHz (p<0,02). Die Kopfhöreraudiometrie ergab bei 1,5 bis 3 kHz signifikant niedrigere und bei 6 kHz signifikant höhere Schwellen als das Cochlea Scan (p<0,01). Nur das Cochlea-Scan zeigte eine Frequenzabhängigkeit (F=42,86, p<0,001): Die signifikant höchste mittlere Schwelle (22 dB) wurde bei 2 kHz, die signifikant niedrigste (6 dB) bei 6 kHz gefunden.
Trotz der unerwarteten Variation der Schwellen mit der Frequenz ist das Cochlea-Scan zur Hörschwellenschätzung geeignet, und dies, im Gegensatz zur Freifeldaudiometrie, altersunabhängig, seiten- und frequenzspezifisch. Allerdings können Mittelohrpathologien das Ergebnis beeinflussen, nur Hörverluste bis 50 dB bestimmt und suprakochleäre Schäden nicht ausgeschlossen werden.
Text
Einleitung
Die Wachstumsfunktion des Distorsionsproduktes der otoakustischen Emissionen eröffnet die Möglichkeit, die Hörschwelle seitengetrennt und frequenzspezifisch zu schätzen [Ref. 1]. Mit dem Cochlea-Scan (Fischer-Zoth) steht ein Gerät für klinische Messungen dieser Wachstumsfunktion für die Hörschwellenschätzung zur Verfügung. Das Gerät misst überschwellig bei drei Intensitäten das Distorsionsprodukt. Aus den Messpunkten wird dann die Schwelle für die Distorsionsprodukte der otoakustischen Emissionen extrapoliert. Die Anwendung des Cochlea-Scan wurde bei Neugeborenen, Säuglingen und Kindern untersucht und mit der subjektiven Audiometrie verglichen.
Material und Methoden
Es wurden 95 Kinder (63 Jungen, 32 Mädchen) in einem mittleren Alter von 5 a ± 4 m und in der Altersspanne von 7 d bis 11;7 a untersucht. Mit dem Cochlea Scan (Modul CS) wurden Messungen in den Frequenzen 1,5 kHz, 2 kHz, 3 kHz, 4 kHz und 6 kHz durchgeführt. Abhängig vom Alter und der individuellen Entwicklung wurde in den gleichen Frequenzen die Hörschwelle mit der Freifeldaudiometrie oder der Kopfhöreraudiometrie bestimmt.
Die so bestimmten Schwellen des Cochlea Scan und der subjektiven Audiometrie wurden mit dem Vorzeichen-Rang-Test nach Wilcoxon verglichen. Darüberhinaus testeten wir mit einer Varianzanalyse (ANOVA) gefolgt vom post-hoc t-Test mit einer Bonferroni-Holm Korrektur, ob die geschätzte Schwelle von der Frequenz abhängig war.
Ergebnisse
Verglichen mit der Freifeldaudiometrie werden mit dem Cochlea-Scan signifikant bessere Schwellen in den Frequenzen 2 kHz, 3 kHz, 4 kHz und 6 kHz geschätzt (Abbildung 1 [Abb. 1], Wilcoxon, p<0,02). Bei 1,5 kHz konnten nicht genug Daten gesammelt werden. Die Differenzen in den Schwellen reichten von 28 dB bei 1,5 kHz bis zu 42 dB bei 6 kHz. Die Kopfhöreraudiometrie zeigte verglichen mit dem Cochlea-Scan signifikant bessere Schwellen bei 1,5 kHz, 2 kHz und 3 kHz und signifikant schlechtere Schwellen bei 6 kHz. Bei 4 kHz konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Die Unterschiede waren kleiner verglichen zur Freifeldaudiometrie und reichten von 11 dB bei 2 kHz bis zu -6 dB bei 6 kHz.
Die Frequenzabhängigkeit der Schwellen wurde mit einer Varianzanalyse überprüft (Abbildung 2 [Abb. 2]). Nur die Cochlea-Scan Schwellen zeigten eine Frequenzabhängigkeit (ANOVA, F(4,706) = 42,86, p<0,001): Die signifikant höchste mittlere Schwelle, die mit dem Cochlea-Scan gemessen wurde, lag mit 22 dB bei 2 kHz (p<0,001), die signifikant niedrigste Schwelle mit 6 dB lag bei 6 kHz (p<0,001). Die Frequenz war kein bestimmender Faktor in der Freifeldaudiometrie (F(5,687) = 1,84, p=0,1) und in der Kopfhöreraudiometrie (F(5,120)=0,29, p=0,92).
Diskussion
Trotz der unerwarteten Variation der Schwellen mit der Frequenz (niedrigste Schwelle in der höchsten Frequenz) ist das Cochlea-Scan geeignet, periphere Hörschwellen bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern zu messen. Die Variation der Schwelle kann durch Probleme mit stehenden Wellen im Gehörgang [Ref. 2] oder durch den Algorithmus zur Extrapolation der Schwelle aus den überschwelligen Messwerten der Distorsionsprodukte bedingt sein.
Die Benutzung des Cochlea-Scan ist der Freifeldaudiometrie überlegen, um die cochleäre Funktion unabhängig vom Alter, seitenspezifisch und frequenzspezifisch zu bestimmen. Es gab allerdings keinen Vorteil gegenüber der Kopfhöreraudiometrie.
Nichtsdestotrotz darf nicht vergessen werden, dass Mittelohrpathologien die Ergebnisse beeinflussen können. Hörverluste können nur bis zu einer Schwelle von 50 dB bestimmt werden und supracochleäre Schäden können mit der Messung der otoakustischen Emissionen nicht ausgeschlossen werden.
Danksagung
Diese Studie wurde von der Rolf-Dierichs-Stiftung unterstützt. Wir danken Georg Haveresch für die technische Unterstützung und den Audiometristen der Klinik für die Sammlung der Daten.
Literatur
- 1.
- Boege P, Janssen T. Pure-tone threshold estimation from extrapolated distortion product otoacoustic emission I/O-functions in normal and cochlear hearing loss ears. The Journal of the Acoustical Society of America. 2002;111(4):1810-18.
- 2.
- Whitehead ML, Stagner BB, Lonsbury-Martin BL, Martin GK. Effects of earcanal standing waves on measurements of distortion-product otoacoustic emissions. The Journal of the Acoustical Society of America. 1995;98(6):3200-14.