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Dreiländertagung D-A-CH
24. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

28. - 30.09.2007, Innsbruck, Österreich

Organisation und Softwareunterstützung der Trackingzentrale des universellen Neugeborenenhörscreenings Schleswig-Holstein (UNHS-SH)

Poster

  • corresponding author presenting/speaker Rainer Schönweiler - Universität zu Lübeck, Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, Lübeck, Deutschland
  • author Alexander Katalinic - Universität zu Lübeck, Institut für Krebsepidemiologie e.V., Lübeck, Deutschland
  • author Ute Thyen - Universität zu Lübeck, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Lübeck, Deutschland
  • author Roland Linder - Institut für Medizinische Informatik, Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. Sektion Phoniatrie der Österreichischen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirugie. Schweizerische Gesellschaft für Phoniatrie. Dreiländertagung D-A-CH, 24. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e.V.. Innsbruck, Österreich, 28.-30.09.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07dgppP21

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgpp2007/07dgpp63.shtml

Veröffentlicht: 28. August 2007

© 2007 Schönweiler et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Insbesondere bei einem freiwilligen und durch Spenden finanzierten UNHS ist es wichtig, das zentral organisierte Tracking effizient umzusetzen. Vorgestellt wird die Organisation der ab 2002 eingerichteten Trackingzentrale des UNHS-SH mit Sitz im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, sowie die EDV-seitige Unterstützung des dortigen Personals.

Methode: Mittels einer Erfassungssoftware melden 24 Geburtskliniken und ebenso viele niedergelassene Ärzte Adress- und Befunddaten per Internet (wahlweise per http-upload oder E-Mail-Anhang) an die Trackingzentrale des UNHS-SH. Pro Tag gehen ca. 50 Meldungen bzw. Datensätze bei der Trackingzentrale ein. Das Tracking schließt eine schriftliche, ggf. telefonische Benachrichtigung der Eltern über noch ausstehende Diagnostik, Nachforschung unbekannter Adressen über die Meldeämter, die Rückmeldung der Ergebnisse an die Screener sowie regelmäßige Nachschulungen und Problemlösungen durch einen mobilen Dienst ein.

Ergebnisse: Die im Rahmen des UNHS-SH eingesetzte Software ermöglicht den Betrieb der Trackingzentrale mit einer Halbtagskraft. Bei einer Erfassungsrate von etwa 94% im Jahr 2006 betrug das Lost-to-follow-up nur 1,5%. Im Jahr 2006 wurden 17 schwerhörige Säuglinge bei statistisch erwarteten 19 durch das UNHS-SH entdeckt und mit Hörgeräten versorgt.

Schlussfolgerungen: Um ein qualitätsgesichertes und effizientes Tracking mit wenig Personal ermöglichen zu können, bedarf es einer Softwarelösung mit einem hohen Grad an Prozessautomatisierung.


Text

Einleitung

Auf der Jahrestagung der DGPP 2005 berichteten wir über die Organisation und den Ablauf des UNHS-SH, auf der Jahrestagung der DGPP 2006 über Ergebniskennzahlen [1], [2]. Im vorliegenden Beitrag möchten wir auf die Organisation der Trackingzentrale des UNHS-SH mit Sitz im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, eingehen sowie auf die EDV-seitige Unterstützung des Personals. Nach einem kurzen Überblick über den internetbasierten Datenfluss werden die Anforderungen an Personal und Software sowie deren Realisierung aufgezeigt und abschließend diskutiert.

Datenfluss

Mittels einer Erfassungssoftware melden 24 Geburtskliniken und ebenso viele niedergelassene Ärzte Adress- und Befunddaten per Internet (wahlweise per http-upload oder E-Mail-Anhang) an die Trackingzentrale des UNHS-SH. Pro Tag gehen ca. 50 Meldungen bzw. Datensätze in Form von Exportdateien bei der Trackingzentrale ein. Dabei erfolgt die Kommunikation mit einer PHP-Seite, welche einkommende Dateien in einem dafür bestimmten Verzeichnis ablegt. Diese Dateien werden täglich automatisiert von einem FTP-Prozess in das durch eine Firewall geschützte Intranet des Universiätsklinikums übertragen, auf einen zugriffsgeschützten datensicheren Server gelegt, dort dechiffriert und in eine MS Access Datenbank eingelesen (Abbildung 1 [Abb. 1]). Auf diese Datenbank erfolgt der Zugriff der andernorts lokal installierten Trackingsoftware.

Anforderungen

Ein effizientes zentral organisiertes Tracking (Nachverfolgungssystem) schließt a) eine schriftliche, ggf. telefonische Benachrichtigung der Eltern über noch ausstehende Diagnostik, b) Nachforschung unbekannter Adressen über die Meldeämter, c) die Rückmeldung der Ergebnisse an die Screener sowie d) regelmäßige Nachschulungen und Problemlösungen durch einen mobilen Dienst ein. Im Folgenden soll auf diese Anforderungen näher eingegangen werden:

a) Beim Start der Tracking-Software wird die Information aus neu übermittelten Datensätzen einem bestehenden Best-of-Datensatz angefügt, der alle aktuellen Informationen zum Kind inklusive seiner Historie (Datentyp Memo) enthält. Existiert noch kein zu einer Kind-ID gehörender Best-of-Datensatz, wird dieser angelegt. Erhält die Trackingzentrale zwei Wochen nach der letzten Meldung zu einem Kind mit auffälligem oder fehlendem Befund keinen weiteren Datensatz, wird automatisch ein entsprechendes Erinnerungsschreiben vorbereitet. Da trotz automatischer Korrekturalgorithmen (z.B. „Nachname beginnt mit Großbuchstabe“) fehlerhafte Schreibweisen nicht auszuschließen sind, wird vor dem Ausdruck von Serienbriefen eine Liste mit denjenigen Adressdaten zur manuellen Korrektur angeboten, welche später in die entsprechenden Textmarken eingepasst werden. Neben den Erinnerungsschreiben an die Eltern gibt es – wo erforderlich – Schreiben an die Geburtseinrichtungen mit der Bitte um Vervollständigung von Adressangaben. Der Ausdruck der Briefe erfolgt entsprechend sortiert. Weitere Sortierkriterien sind Briefe mit unterschiedlichen Frankierungen (etwa solchen ins außereuropäische Ausland; eine Voraussetzung für den späteren Einsatz einer Kuvertiermaschine) und nach Postleitzahlregionen sortiert. Letzteres ist wichtig, da den Briefen an die Eltern Begleitschreiben mit Adressdaten von niedergelassenen Ärzten der jeweiligen Region beigefügt werden. Verstreichen nach Versand eines Briefes weitere zwei Wochen, wird automatisch ein zweites Erinnerungsschreiben vorbereitet. Zwei Wochen nach einem dritten Erinnerungsschreiben werden die Daten des betreffenden Kindes in einer ToDo-Liste im Trackingprogramm aufgeführt. Das Personal der Trackingzentrale versucht an bis zu drei unterschiedlichen Werktagen zu unterschiedlichen Tageszeiten, die Eltern aus der ToDo-Liste telefonisch zu erreichen. Die Dokumentation der Telefonate bzw. Telefonversuche wird durch vordefinierte Textbausteine unterstützt. Entscheidet sich das Personal der Trackingzentrale, das Tracking eines Kindes regulär oder vorzeitig einzustellen, sind die Gründe hierfür (über Auswahllisten) zu dokumentieren, um ein qualitätsgesichertes Verfahren zu gewährleisten.

b) Unbekannte Adressen aufgrund von Wohnortwechseln werden schriftlich bei den Meldeämtern nachgefragt. Die Auskünfte sind nicht kostenpflichtig, da das Universitätsklinikum ebenso wie die Meldeämter eine Anstalt des öffentlichen Rechts sind und somit Amtshilfe geleistet wird. Über die Verwaltung der Adressdaten der Meldeämter und Serienbrieffunktionalitäten erlaubt die Trackingsoftware auch hierbei eine entsprechende Unterstützung.

c) Entscheidend für die Motivation der MitarbeiterInnen in den meldenden Geburtseinrichtungen sind geeignete Feedback-Funktionalitäten, d.h. die Rückmeldung von Ergebnissen an die Screener. Dazu werden von der Trackingssoftware einrichtungsspezifische (Trend der letzten vier Quartale) und einrichtungsübergreifende Statistiken (Benchmarking) erstellt (Abbildung 2 [Abb. 2]), die auf dem Internetserver des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, bereitgestellt werden und über die Erfassungsprogramme in den Geburtskliniken via Internet abgerufen werden können. Dabei wird über einen parametrisierten Aufruf der entsprechenden ASP (Active Server Pages)-Seite sichergestellt, dass jede Einrichtung nur die eigenen Statistiken einsehen darf. In den Statistiken wird aufgezeigt,

  • wie viel Prozent der auf einer Station pro Quartal geborenen Kinder an die Zentrale gemeldet wurden (Bezug auf das Geburtenbuch),
  • wie viel Prozent der gemeldeten Kinder auf der Station gescreent wurden,
  • für wie viel Prozent der gemeldeten Kinder eine elterliche Einwilliung erteilt wurde und
  • für wie viel Prozent der gescreenten Kinder ein auffälliger Befund dokumentiert wurde.

d) Über die genannten „Feedback-Statistiken“ hinaus stellt die Trackingsoftware weitere Contolling-Funktionalitäten zur Verfügung, mit deren Hilfe Mängel in Screening und Meldewesen frühzeitig erkannt werden können. So etwa deckte das Tracking auf, dass bei 3,0% der Risikoscreenings in Kinderkliniken entgegen der Vereinbarung bzw. Schulung eine OAE-Messung durchgeführt wurde. Dies wurde durch gezielte Intervention des Mobilen Dienstes der Trackingzentrale abgestellt. Daneben ermöglicht der mobile Dienst regelmäßige Nachschulungen und steht für schnelle Problemlösungen zur Verfügung (etwa die ersatzweise Bereitstellung eines Screeninggerätes).

Diskussion

Ein universelles Neugeborenenhörscreening (UNHS) benötigt definitionsgemäß ein Tracking. Da die bundesweite Einführung eines UNHS erst noch bevorsteht, wird es derzeit in einigen Bundesländern, so auch Schleswig-Holstein, freiwillig und durch Spenden finanziert durchgeführt. Um trotz knapper Mittel ein qualitätsgesichertes und effizientes Tracking ermöglichen zu können, bedarf es einer Softwarelösung mit einem hohen Grad an Prozessautomatisierung, damit möglichst wenig Personal notwendig ist. Die im Rahmen des UNHS-SH eingesetzte Software ermöglicht den Betrieb der Trackingzentrale mit nur einer Halbtagskraft. Bei einer Erfassungsrate von etwa 94% im Jahr 2006 betrug das Lost-to-follow-up nur 1,5%. Im 12-Monatszeitraum Januar bis Dezember 2006 wurden 17 schwerhörige Säuglinge bei statistisch erwarteten 19 durch das UNHS-SH entdeckt und mit Hörgeräten versorgt.


Literatur

1.
Linder R, Katalinic A, Thyen U, Schönweiler R. UNHS-SH. A multidisciplinary approach to the newborn hearing screening in Schleswig-Holstein. 24. Kongress der Union europäischer Phoniater zusammen mit der 22. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie; 16. bis 18. September 2005; Berlin. In: Gross M, Kruse E: Aktuelle phoniatrisch-pädaudiologische Aspekte 2005/2006, Band 13. Niebüll: Videel; 2005. S. 111-4.
2.
Schönweiler R, Raap M, Linder R, Müller-Deile J, Thyen U, Katalinic A. Methodische und epidemiologische Daten des universellen Neugeborenenhörscreenings Schleswig-Holstein (UNHS-SH). In: Gross M, Hrsg. Aktuelle phoniatrisch-pädaudiologische Aspekte 2006/2007, Band 14. Heidelberg: Median-Verlag; 2006. S. 135-7.