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Über den velopharyngealen Abschluss beim 22q11-Deletionssyndrom
Velopharyngeal closure in 22q11 deletion syndrome
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Veröffentlicht: | 28. August 2007 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Einleitung: Gaumenfehlbildungen gehören zu den Hauptsymptomen bei einem 22q11-Deletionssyndrom. Damit vergesellschaftet ist häufig eine velopharyngeale Insuffizienz (VPI) mit typischer Sprechproblematik. Es ist aber noch unklar, ob dem ursächlich eine strukturelle Anomalie und/oder eine Dysfunktion zugrunde liegt. Ziel der Arbeit war die Evaluation einer strukturellen und funktionellen Inkompetenz durch objektive Untersuchungsmethoden.
Material und Methodik: Bei 13 22q11-Patienten (8♀, 5♂, Alter von 5;3 bis 17;8 Jahren) mit einer therapieresistenten Rhinophonia aperta wurde eine Videoendoskopie und Videofluoroskopie zur Beurteilung der velopharyngealen Funktion durchgeführt und daraus therapeutische Konsequenzen abgeleitet.
Ergebnisse: Bei allen Patienten wurde eine VPI objektiv bestätigt. Hiervon zeigten 4 Patienten eine zuvor nicht erkannte okkulte submuköse Gaumenspalte, 3 Patienten ein ausreichend langes, jedoch hypotones Velum und 9 Patienten einen erweiterten epipharyngealen Raum mit inkonstantem Abschluss trotz relativ guter Velumbeweglichkeit. Bei 1 Patienten hiervon war die VPI durch eine Adenotomie ausgelöst. Konsequenz: 5 Patienten erhielten eine Velopharyngo- bzw. Levatorplastik, 4 eine logopädische Intensivtherapie in einer stationären Rehabilitationseinrichtung.
Zusammenfassung: Die velopharyngeale Schlussinsuffizienz bei 22q11-Deletionssyndrom zeigte eine komplexe Kausalität, die aus strukturellen und funktionellen Defiziten besteht. Deshalb kann bei den Betroffenen keine generelle Therapieempfehlung gegeben werden. Es sollten vielmehr immer mittels objektiver Untersuchungsverfahren ein individuelles therapeutisches Konzept erarbeitet werden.
Text
Einleitung
Patienten mit einem 22q11-Deletionssyndrom weisen eine äußerst komplexe Sprechproblematik auf, die bislang noch wenig erforscht ist. Dies verwundert umso mehr, als die Mikrodeletion 22q11 mit einer Prävalenz von 1:4000 den zweithäufigsten Gendefekt beim Menschen bildet. Zwei Drittel der betroffenen Patienten zeigen eine offene oder submukös okkulte Gaumenfehlbildung, die zu den Kardinalsymptomen des 22q11-Deletionssyndrom zählt. Mit diesen unterschiedlichen Spaltformen findet sich zusätzlich häufig eine velopharyngeale Insuffizienz (VPI). Ihre Ätiologie ist nach wie vor nicht hinreichend geklärt. Zahlreiche Faktoren könnten für die Pathogenese in Frage kommen. Vor allem ist jedoch nach wie vor unklar, ob der VPI ursächlich eine strukturelle Anomalie oder eine Dysfunktion zugrunde liegt. Entsprechend sind therapeutische Empfehlungen zur Verbesserung des Sprechvermögens nur eingeschränkt möglich. Ziel der Arbeit war daher zunächst die Evaluation struktureller und funktioneller Inkompetenzen durch objektive Untersuchungsmethoden zur Planung eines adäquaten Therapiemanagements.
Material und Methodik
Bei dreizehn Patienten mit einem nachgewiesenen 22q11-Deletionssyndrom (8♀, 5♂, Alter von 5;3 bis 17;8 Jahren) wurde bei therapieresistenter Sprechproblematik und Rhinophonia aperta eine transnasal durchgeführte fiberoptische Videoendoskopie sowie eine Videofluoroskopie zur Beurteilung der velopharyngealen Strukturen und deren Funktionen durchgeführt. Anhand der umfassenden Untersuchungsergebnisse wurden therapeutische Konsequenzen abgeleitet.
Ergebnisse
Bei allen Patienten wurde eine VPI objektiv bestätigt. Vier Patienten hiervon zeigten eine zuvor nicht erkannte okkulte submuköse Gaumenspalte nach Kaplan, drei Patienten ein ausreichend langes, jedoch hypotones Velum. Alle Patienten wiesen eine abgeflachte Schädelbasis mit einem durchschnittlichen Winkel von ca. 140° auf. Bei neun Patienten führte dies zu einer deutlichen Erweiterung des epipharyngealen Raumes mit inkonstantem Abschluss trotz relativ guter Velumbeweglichkeit. Bei einem der dreizehn Patienten trat die VPI erst nach Adenotomie auf. Alle Patienten zeigten zudem eine deutliche Hypotonie der orofacialen Muskulatur mit zum Teil dyspraktischen myofunktionellen Einschränkungen.
Die Untersuchungsergebnisse führten bei neun Patienten zu einer Änderung des bis dato laufenden Therapiekonzeptes: Fünf Patienten erhielten eine Velopharyngo- bzw. Levatorplastik, vier eine logopädische Intensivtherapie in einer stationären Rehabilitationseinrichtung.
Zusammenfassung
Die velopharyngeale Schlussinsuffizienz bei 22q11-Deletionssyndrom zeigte eine komplexe Kausalität, die aus strukturellen und funktionellen Defiziten besteht. Deshalb kann bei den Betroffenen keine generelle Therapieempfehlung gegeben werden. Es sollten vielmehr immer mittels objektiver Untersuchungsverfahren ein individuelles therapeutisches Konzept erarbeitet werden.