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Dreiländertagung D-A-CH
24. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

28. - 30.09.2007, Innsbruck, Österreich

Einflussfaktoren auf Sprechstörungen bei T1 und T2 Plattenepithelcarcinomen der Mundhöhle

Intelligibility of patients after treatment for small carcinomas of the mouth

Vortrag

  • corresponding author presenting/speaker Maria Schuster - Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, Erlangen, Deutschland
  • Andreas Maier - Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, Erlangen, Deutschland
  • Regina Kohler - Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, Erlangen, Deutschland
  • Elmar Nöth - Lehrstuhl für Mustererkennung, Erlangen, Deutschland
  • Frank Rosanowski - Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, Erlangen, Deutschland
  • Ulrich Eysholdt - Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, Erlangen, Deutschland
  • Emeka Nkenke - Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgische Klinik, Erlangen, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. Sektion Phoniatrie der Österreichischen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirugie. Schweizerische Gesellschaft für Phoniatrie. Dreiländertagung D-A-CH, 24. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e.V.. Innsbruck, Österreich, 28.-30.09.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07dgppV19

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgpp2007/07dgpp26.shtml

Veröffentlicht: 28. August 2007

© 2007 Schuster et al.
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Zusammenfassung

Die Diagnostik von Sprechstörungen war bislang auditiv durch erfahrene Hörer durchgeführt worden und ist für wissenschaftliche Zwecke mit einem hohen personellen und zeitlichen Aufwand verbunden gewesen. Für geringe Einschränkungen durch kleine Tumoren der Mundhöhle lagen bisher nur ungenaue Daten als Grundlage der Prüfung vor, welche Einflussgrößen für das posttherapeutische Outcome wesentlich sind.

Der Einsatz der Spracherkennungstechnik zur Quantifizierung der Verständlichkeit hat sich auch für die Quantifizierung von Sprechstörungen bei Erwachsenen bewährt. Der Vergleich von verschiedener Lokalisation, postoperativem Organbefund und Behandlungstechniken bei 43 Patienten mit T1 und T2-Tumoren erlaubt Rückschlüsse auf die Einflussfaktoren für das funktionelle Outcome.

Bei kleinen Tumoren haben die Art der chirurgischen Defektdeckung sowie die Motilität der Zunge einen signifikanten Einfluss auf die Verständlichkeit, die Lokalisation (Zunge oder Mundboden) oder Radiatio hingegen nicht.

Die automatische Bewertung der Verständlichkeit mittels Spracherkennungstechnik bietet eine rasche Methode der Bewertung des Sprechens. Bei der chirurgischen Therapie von kleinen Mundhöhlentumoren sollte die Zungenmotilität weitgehend erhalten werden, sofern dies aus onkologischen Gesichtspunkten möglich ist. Eine Überprüfung der Konsequenzen für das chirurgische Vorgehen wird an einem größeren Kollektiv und bei größeren Tumoren überprüft.


Text

Hintergrund

Malignome der Mundhöhle zählen zu den häufigsten bösartigen Erkrankungen beim Menschen. Die Behandlung besteht meist in der chirurgischen Entfernung und je nach Ausdehnung in adjuvanter Radio- und Chemotherapie. Der Tumor selbst aber auch seine Behandlung führen zu funktionellen Einschränkungen, neben der Störung der Nahrungsaufnahme vor allem zur Sprechstörung und somit zur Verminderung der Verständlichkeit des Betroffenen. Für geringe Einschränkungen durch kleine Tumoren der Mundhöhle liegen bisher nur ungenaue Daten als Grundlage der Prüfung vor, welche Einflussgrößen für das posttherapeutische Outcome wesentlich sind.

In dieser Studie sollen nun mittels objektiver Messung der Verständlichkeit verschiedene Einflussfaktoren auf das Ausmaß der Störung bestimmt werden. Die Diagnostik von Sprechstörungen und Bewertung der Verständlichkeit war bislang auditiv durch erfahrene Hörer durchgeführt worden und ist für wissenschaftliche Zwecke mit einem hohen personellen und zeitlichen Aufwand verbunden gewesen. Die Anwendung eines adaptierten Spracherkennungssystems ermöglicht nun eine zeit- und personalsparende Quantifizierung der Verständlichkeit [1]. Um die Anzahl der beeinflussenden Faktoren überschaubar zu halten, beschränkt es sich auf kleine Tumoren des Stadiums T1 und T2.

Patienten und Methode

43 Patienten mit Plattenepithelkarzinomen der Mundhöhle im Stadium T1 und T2 im Alter von 61,67 ± 10,82 Jahren. Die Therapie war bei 43 Patienten chirurgisch, bei 27 zusätzlich durch Radiotherapie erfolgt. Bei 18 Patienten war das Malignom im Bereich des Mundbodens lokalisiert, bei 29 an der Zunge. Die Zungenmotilität wurde photographisch dokumentiert und in 3 Ebenen bewertet. Die Verständlichkeit wurde automatisch mittels Spracherkennungssystem beim Lesen des Standardtextes „Nordwind und Sonne“ ermittelt und entspricht dem Prozentsatz korrekt erkannter Wörter des gesamten Textes (Worterkennungsrate WR) [2].

Ergebnisse

Der Verständlichkeitsgrad WR streut zwischen 24,1% bis 82,4% (Mittelwert 59,2 ± 11, 9). Ein Unterschied der Verständlichkeit in Abhängigkeit von der Lokalisation des Tumors (Mundboden oder Zunge) konnte nicht festgestellt werden. Eine Zungenfixierung hat einen signifikant negativen Effekt auf die WR, ebenso die plastische Deckung des Operationsdefektes durch ein freies Transplantat gegenüber einer lokalplastischen Deckung. Eine postoperative Radiatio wies keinen negativen Effekt auf den Verständlichkeitsgrad auf.

Diskussion

Die postoperative Beweglichkeit der Zunge hat einen wesentlichen Einfluss auf die Verständlichkeit. Diese ist wiederum durch die Art der Deckung des Organdefekts nach chirurgischer Entfernung beeinflusst, was sich beim Vergleich der Verschlusstechniken darstellt. Bei der chirurgischen Therapie von kleinen Mundhöhlentumoren sollte die Zungenmotilität weitgehend erhalten werden, sofern dies aus onkologischen Gesichtspunkten möglich ist. Eine Überprüfung der Konsequenzen für das chirurgische Vorgehen wird an einem größeren Kollektiv und bei größeren Tumoren überprüft. Die Lokalisation des Tumors – Zunge oder Mundboden – ist für die Verständlichkeit auch bei kleinen Tumoren nicht von Bedeutung, obwohl die Zunge die wesentliche funktionstragende Struktur bei der Lautbildung ist [3]. Der Defektverschlusses im Mundbodenbereich scheint bedeutsam für die Zungenbeweglichkeit und damit für die Verständlichkeit zu sein. Bei unterschiedlichen Ergebnissen in der Literatur muss der Einfluss einer adjuvanten Strahlentherapie auf die Verständlichkeit überprüft werden.


Literatur

1.
Schukat-Talamazzini EG. Automatische Spracherkennung. Braunschweig: Vieweg Verlag; 1995.
2.
Maier A, Haderlein T, Hacker C, Nöth E, Rosanowski F, Eysholdt U, Schuster S. Automatische internetbasierte Evaluation der Verständlichkeit. In: Gross M, Kruse FE, editors. Aktuelle phoniatrisch-pädaudiologische Aspekte 2006, Vol. 14. 23. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie; Heidelberg; 15.-17. September 2006. Norderstedt : Books On Demand; 2006. p. 87-90.
3.
Pauloski BR, Logemann JA, Colangelo LA, Rademaker AW, McConnel FM, Heiser MA, Cardinale C, Shedd D, Stein D, Beery Quinter, Myers E, Lewin J, Haxer M, Esclamado R. Surgical Variables Affecting Speech in Treated Patients With Oral and Oropharyngeal Cancer. Laryngoscope. 1998;108:908-16.