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24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI)

Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI)

28.04. - 30.04.2016, Frankfurt am Main

Zytomegalie-Virus: Konnatale CMV-Infektionen

Meeting Abstract

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  • H. Buxmann - Universitätsklinikum Frankfurt Goethe Universität, Schwerpunkt Neonatologie, Frankfurt, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie. 24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI). Frankfurt am Main, 28.-30.04.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgpi34

doi: 10.3205/16dgpi34, urn:nbn:de:0183-16dgpi340

Veröffentlicht: 28. April 2016

© 2016 Buxmann.
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Gliederung

Text

Die konnatale CMV-Infektion ist mit einer anzunehmenden Inzidenz von 0,2–0,5% die häufigste angeborene Infektion in Deutschland. Bei einer Geburtenrate von rund 650 000/Jahr ist von 1300 bis 3250 Kindern mit konnataler CMV-Infektion pro Jahr in Deutschland auszugehen. Dies ist ein Vielfaches im Vergleich zu den beim Robert Koch Institut für 2014 gemeldeten Fällen an konnataler Toxoplasmose (6), Lues (0) und Röteln (0). Während die Mutterschafts-Richtlinie in der Schwangerschaft ein generelles Screening auf Lues-Antikörper vorsieht und der Röteln-Titer bei allen Schwangeren bestimmt werden soll, die keine zweimalige Röteln-Impfung nachweisen können, ist für CMV-Infektionen weder im Rahmen der Schwangerenvorsorge noch postnatal bei den Neugeborenen eine generelle Screening-Untersuchung etabliert.

Eine konnatale CMV-Infektion muss aus Körperflüssigkeiten der ersten zwei, maximal drei Lebenswochen diagnostiziert werden, da bei einem CMV-Nachweis zu einem späteren Zeitpunkt die Abgrenzung zur postnatalen CMV-Infektion in der Regel nicht mehr gelingt.

Aus dem Vorgenannten ergibt sich die Konsequenz, dass man, wie in der aktuellen AWMF-Leitlinie zu Virusinfektionen in der Schwangerschaft gefordert, bei anamnestischen Hinweisen auf eine konnatale CMV-Infektion (z.B. CMV-Serokonversion in der Schwangerschaft) oder bei Symptomen die für eine konnatale CMV-Infektion hinweisend sein können, beim Neugeborenen eine Diagnostik hinsichtlich einer konnatalen CMV-Infektion initiiert. Geeignet sind hierfür die Untersuchung von Urin oder die Entnahme eines Mundschleimhautabstriches auf CMV-Virusanzucht oder CMV-PCR. Da die möglichen Symptome einer konnatalen CMV-Infektion, wie z.B. Hörstörungen, Ikterus, Thrombozytopenie, Mikrocephalie, Wachstumsretardierung, Petechien bei Thrombozytopenie, Leukopenien, etc. relativ häufig bei Neugeborenen zu finden sind und jedes einzelne Symptom alleine wenig CMV-spezifisch ist, wird die in der AWMF-Leitlinie geforderte Diagnostik im klinischen Alltag oft wenig stringent umgesetzt. Darüber hinaus sind rund 90% der Kinder mit konnataler CMV-Infektion bei Geburt klinisch asymptomatisch. Insgesamt führt dies dazu, dass viele Fälle von konnatalen CMV-Infektionen nicht diagnostiziert werden.

Rund 10% der Kinder mit konnataler CMV-Infektion zeigen bei Geburt Symptome der Erkrankung. Bei rechtzeitiger Diagnose kann insbesondere den Neugeborenen mit einer Symptomatik des zentralen und peripheren Nervensystems (CMV-Nachweis im Liquor, Mikrozephalie, typische CMV-bedingte strukturelle Veränderungen des ZNS, CMV-Retinitis, Hörstörung) eine antivirale Therapie mit Ganciclovir parenteral oder Valganciclovir enteral angeboten werden. Hier ist anzumerken, dass diese Medikamente für Neugeborene nicht zugelassen sind und ihre Anwendung bei Kindern als Heilversuch zu deklarieren sind. Weiterhin ist zu sagen, dass die Fachinformationen von Ganciclovir und Valganciclovir eine Vielzahl möglicher unerwünschter Wirkungen auflistet und neben meist reversiblen Neutropenien und Thrombozytopenien unter anderem auch Kanzerogenität und Teratogenität nennen.

Während eine Reihe von Symptomen konnataler CMV-Infektionen wie Hepatopathien, Blutbildveränderungen, Pneumonien und auch gastro-intestinale Probleme unter einer antiviralen Therapie in der Regel reversibel sind, trifft dieses für neuro-sensorische Symptome häufig leider nicht zu. In den großen prospektiven Studien zur Wirksamkeit von Ganciclovir und Valganciclovir bei konnatalen CMV-Infektionen lag der wesentliche Effekt der Therapien vorwiegend in der Reduktion des Risikos weitere neuro-sensorische Schädigungen zu entwickeln und weniger in der Heilung bereits bestehender Funktionsstörungen. Es ist daher leider keine Seltenheit, dass sich ein Neugeborenes mit konnataler CMV-Infektion und deutlicher neuro-sensorischer Symptomatik trotz antiviraler Therapie zu einem entwicklungsneurologisch beeinträchtigten Kleinkind entwickelt.

Die Eltern der betroffenen Kinder sollten über den vorgenannten Sachverhalt umfassend informiert werden und ihre Zustimmung zur antiviralen Therapie ist ebenso schriftlich zu dokumentieren wie eine etwaige Ablehnung derselben.

Rund 90% der Kinder mit konnataler CMV-Infektion sind bei Geburt klinisch asymptomatisch. In etwa 10–15% der Fälle entwickelt diese Patientengruppe Krankheitssymptome im weiteren Verlauf. Hier sind insbesondere sensorineurale Hörschäden zu nennen. Diese Beeinträchtigung des Hörvermögens kann aber nur dann frühzeitig diagnostiziert und einer konnatalen CMV-Infektion zugeordnet werden, wenn diese in der Neonatalzeit detektiert wurde, was, wie eingangs beschrieben, eine gewisse Herausforderung ist.

Diese aus pädiatrischer Sicht wenig befriedigenden Therapieoptionen der konnatalen CMV-Infektion unterstreichen den hohen Stellenwert der Prävention dieser Erkrankung. In den letzten Jahren steigt die Zahl der Publikationen, welche Hygienemaßnahmen die größte Relevanz bei der Prävention konnataler CMV-Infektionen zuschreiben. Von zentraler Bedeutung ist hierbei, dass Schwangere und Frauen, die schwanger werden wollen, den direkten Kontakt zu Körperflüssigkeiten von Kleinkindern und Säuglingen möglichst vermeiden. Ein nicht immer leichtes Unterfangen. Ist es dennoch zu einem entsprechenden Kontakt gekommen, dann sollten die benetzen Hautareale mit Wasser und Seife gereinigt werden. Diesen Maßnahmen wird eine Reduktion der CMV-Serokonversion bei Schwangeren, je nach Literaturstelle, von 50% und mehr zugeschrieben.