gms | German Medical Science

20. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI)

Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI)

19.04. - 21.04.2012, Mannheim

Niedrige Impfraten unter Nomaden und bei ländlichen Volksgruppen in Nordtansania

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • presenting/speaker Carsten Krüger - St. Franziskus Hospital Ahlen, Kinderklinik, Ahlen
  • Oystein E. Olsen - Centre for International Health, University of Bergen, Bergen, NL
  • Emanuel Mighay - Haydom Lutheran Hospital, Haydom via Mbulu
  • Mohammed Ali - Centre for International Health, Curtin University, Perth

Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie. 20. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI). Mannheim, 19.-21.04.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12dgpi10

doi: 10.3205/12dgpi10, urn:nbn:de:0183-12dgpi105

Veröffentlicht: 22. März 2012

© 2012 Krüger et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Hintergrund: Die Impfquoten von Säuglingen in Tansania liegen auf nationaler Ebene bei 80-90% für die Standardimpfungen gegen Tuberkulose, Diphtherie, Pertussis, Tetanus (DPT), Poliomyelitis und Masern. Ein kompletter Impfschutz wird nur bei etwa 70% der Säuglinge erreicht. Wenig ist über den Impfstatus in ländlichen Regionen und bei Nomadenstämmen bekannt.

Fragestellung: Für die Jahre 1998-1999 und 2006-2007 wurde der Impfstatus von Säuglingen in einer abgelegenen Region Nordtansanias, in der ein signifikanter Anteil der Bevölkerung aus Nomaden besteht, untersucht.

Methoden: In einer retrospektiven Untersuchung wurde die Anzahl der sechs Impfungen bei 3868 Säuglingen, die in acht Mutter-Kind-Kliniken in der Mbulu-Region registriert waren, über die Studienjahre erhoben. Daraus wurde jeweils die Impfquote für alle Einzelimpfungen und für die vollständige Impfung am Ende des ersten Lebensjahres errechnet. Zusätzlich wurde der Einfluss von Faktoren wie Stammeszugehörigkeit, Rate der Entbindungen unter fachkundiger Leitung, Regelmäßigkeit der angebotenen Impftermine und Verfügbarkeit der Impfstoffe untersucht.

Ergebnisse: 1998 lag die Quote für die komplette Immunisierung bei 72%, signifikant höher als in den folgenden Jahren (1999, 2006, 2007: 57-58%) (p < 0,0001). Die Impfquote war 1998 und 1999 für BCG (je 99%; 2006: 86%; 2007: 90%) und Masern (72-73%; 2006: 62%; 2007: 59%) am höchsten, für Poliomyelitis 1998, 2006 und 2007 (84-85% vs. 67% in 1999) und für DPT 1998, 1999 und 2006 (81-84% vs. 78% in 2007) (p < 0,001). Die Impfquoten lagen an einzelnen Kliniken für Masern teilweise unter 20%. Eine komplette Impfrate von mehr als 80% wurde nur an einer Klinik in drei Jahren und an einer anderen Klinik in einem Jahr erreicht. An keiner Klinik konnte ein deutlicher Anstieg der Impfraten festgestellt werden. Risikofaktoren für niedrige Immunisierungsraten waren die Zugehörigkeit zum Nomadenstamm der Datoga (OR 4,55 (95%CI 3,76-5,49), eine geringe Inanspruchnahme fachkundiger Geburtshelfer (OR 3,56 (2,91-4,36) und der Ausfall von Impfkliniken (OR 2,77 (2,42-3,17). Dieser enge Zusammenhang war auch zwischen dem Fehlen der Impfstoffe und den jeweiligen Impfquoten nachzuweisen.

Diskussion: Die Impfraten in dieser schwierig zu erreichenden Population lagen signifikant unter den nationalen Daten. Die Zugehörigkeit zum Nomadenstamm (schlechte Erreichbarkeit), niedrige Entbindungsraten unter fachkundiger Leitung (mangelnde Inanspruchnahme des Gesundheitssystems), Unterbrechungen in der regelmäßigen Durchführung der Impfkliniken und fehlende Impfstoffe (Mängel des Gesundheitssystems) waren signifikante Prädiktoren für niedrige Impfraten. Bei Impfprogrammen muss daher unbedingt darauf geachtet werden, dass Impfungen verläßlich und mit hoher Qualität stets verfügbar sind. Außerdem müssen dringend neue Wege erprobt werden, wie besonders Nomadenstämme und abgelegen lebende Bevölkerungsgruppen durch Impfprogramme besser erreicht werden können.