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37. Kongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie (DGII)

Deutschsprachige Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie (DGII)

02.03. - 04.03.2023, Weimar

Lentikeltransplantation für refraktive Zwecke: ein kurzer Überblick über den heutigen Stand

Meeting Abstract

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  • Walter Sekundo - Marburg

Deutschsprachige Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie. 37. Kongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, interventionelle und refraktive Chirurgie. Weimar, 02.-04.03.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dgii63

doi: 10.3205/23dgii63, urn:nbn:de:0183-23dgii634

Veröffentlicht: 2. März 2023

© 2023 Sekundo.
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Gliederung

Text

Implantation von fremden oder eigenen Gewebe in einer Hornhauttasche kann sowohl für refraktive als auch für therapeutische Zwecke genutzt werden. In diesem Kurzreferat gehe ich in erster Linie auf die Änderung der Refraktion bei Hyperopie und/oder Astigmatismus ein. Die Idee geht auf J. I. Barraquer zurück, der bereits Mitte des letzten Jahrhunderts die sog. „Keratophakie“ beschrieb. Aufgrund einfacher Techniken dauerte es bis zu den Anfängen dieses Jahrhunderts, als T. Seiler die „Laser intrastromale keratoplasty = LIKE“ entwickelte, indem er die Lentikel entweder mittels Excimerlasers oder eines speziellen Mikrokeratoms fertigte und unter den Flap transplantierte. Die Einführung der SMILE-Methode förderte eine nahezu unbegrenzte Menge an frischen konvexen Lentikeln zutage. K. Pradhan war der erste, der ein -10,0-Dpt-Lentikel in die mittels FS-Lasers erzeugte Hornhauttasche eines aphaken Auges implantierte um die Hyperopie zu reduzieren. Dabei erzielte er nur einen Teileffekt, weil die gewünschte Aufsteilung nicht nur nach vorne, sondern auch Richtung Hornhautrückfläche ging. S. Ganesh aus Indien führte diese Technik an einer großen Anzahl von Augen durch, wobei er sowohl tiefgefrorene als auch frische Lentikel nutzte. In einer 5-Jahres-Studie an 42 Augen mit 140-µm-Tasche waren 71% der Augen innerhalb 1 dpt um die Zielrefraktion. Eine zirkuläre Antrepanation der Bowman-Schicht half bei unterkorrigierten Augen, indem sie die Resthyperopie um rund 2 dpt verringerte. Bessere Ergebnisse erzielten mehrere chinesische Arbeitsgruppen mit einer Cap-Dicke von 100µm. Die erste Transplantation eines torischen Lentikels zur Wiederherstellung eines extremen Astigmatismus nach komplikativer Lasik-OP mit verwechselten Laserdaten publizierte die Marburger Arbeitsgruppe. X. Zhou aus Shanghai verfeinerte die Technik unter Verwendung der sog. „triple marking“ Methode. Seine Arbeitsgruppe berechnete auch die erste Formel für die Berechnung der Lentikelstärke: (LAC) = 1,224 x (LRP) -0,063. Dabei ist LAC = Refraktive Korrektur und LRP = Lentikelbrechkraft. Damit korrigierte sie Hyperopien mit dem Begleitastigmatismus bis zu 2 dpt cyl. Der Korrektur hoher Astigmatismus widmete sich die Arbeitsgruppe von J. Hjordtal. In 2019 publizierte Damgaard die erste Ex-vivo-Studie zur autologen Lentikelrotation. Diese Ergebnisse konnte P. Stodulka klinisch umsetzen. Auch die Behandlung der Presbyopie mittels eines zentralen 1-mm-Minitransplantates, das in eine Femto-Tasche eingesetzt wurde, konnte erfolgreich von S. Jacobs umgesetzt werden. Sie nannte diese Technik PEARL.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Lentikeltransplantation bei Ametropien jenseits des laserbaren Bereiches und presbyopen Alters eine interessante, wenn nicht sogar die einzige chirurgische Option ist, wenn die Patienten unter Sehhilfen leiden oder diese nicht vertragen. Allerdings muss die verbleibende Restrefraktion häufig durch einen zweiten keratorefraktiven Eingriff behoben werden. Insbesondere die Entwicklung eines Hornhautersatzes, z.B. aus veränderter Schweinehaut oder anderen Matrix-Materialien, könnte der Lentikelimplantationschirurgie einen weiteren Aufschwung verleihen, da das Gewebe jederzeit verfügbar, lagerungssicher und immunologisch neutral wäre.