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37. Kongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie (DGII)

Deutschsprachige Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie (DGII)

02.03. - 04.03.2023, Weimar

Risikofaktoren für Amotio nach Linsenaustausch

Meeting Abstract

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  • Stefanie Schmickler - Ahaus

Deutschsprachige Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie. 37. Kongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, interventionelle und refraktive Chirurgie. Weimar, 02.-04.03.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dgii24

doi: 10.3205/23dgii24, urn:nbn:de:0183-23dgii244

Veröffentlicht: 2. März 2023

© 2023 Schmickler.
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Gliederung

Text

Das vorgetragene Referat legt seinen Schwerpunkt auf das Risiko einer Amotio retinae nach Linsenaustausch. Die genannten Inzidenzen basieren auf einer Zusammenstellung von Prof. Dr. G. Auffarth für den KRC-Aufbaukurs im Rahmen der DGII 2022.

Bei einem refraktiven Linsenaustausch als auch einem Linsenaustausch im Rahmen der Katarakt-Operation muss man neben einer Amotio retinae weitere mögliche Komplikationen in Betracht ziehen:

  • Zystoides Maculaödem
  • Choroidale Blutung v.a. bei hoher Myopie
  • Choroidales Effusionssyndrom bei hoher Hyperopie
  • Endophthalmitis
  • Glaukom

Studien weisen Inzidenzen auf, bei denen eine höhere Achsenlänge das Risiko für eine rhegmatogene Netzhautablösung ansteigen lässt. In einer Metaanalyse von Richard Packard über 2.036 Augen wurde eine Inzidenz der Netzhautablösung von 1,85% bei einem vierjährigen Nachbeobachtungszeitraum festgestellt. Eine langfristige Studie von Horgen at al. zeigte (elf Jahre Nachbeobachtungszeit) eine Inzidenz von 3,2%. In einem Beobachtungszeitraum von vier Jahren wies Ravalico eine Inzidenz von 0,26% nach. Festzuhalten ist, dass 30% der Amotiones innerhalb von sechs Monaten nach der Operation auftreten und 70% innerhalb der ersten zwei Jahre (I. Neuhann). Insgesamt liegt das Risiko einer rhegmatogenen Netzhautablösung in der Normalpopulation bei 0,018%. Bei einer Myopie >-10D steigt das Risiko bereits auf 0,68% an. Nach Phakoemulsifikation erleidet die Normalpopulation eine Netzhautablösung in 1,17–1,23% der Fälle während eines 10jährigen Nachbeobachtungszeitraumes. Bei Kurzsichtigen nach Phakoemulsifikation zeigt sich eine Netzhautablösung von bis zu 8,1%. Bei komplizierter Operation kommt es zu einer Netzhautablösung nach Linsenaustausch in 8% und bei Kurzsichtigen nach komplizierter Operation in >8%.

Risikofaktoren für eine Netzhautablösung nach Linsenaustausch sollen demnach sein:

1.
Geschlecht: männlich
2.
Hohe Myopie
3.
kaukasische Abstammung
4.
Alter <50 Jahre
5.
periphere Netzhaut-Degenerationsareale
6.
intraoperative Komplikationen
7.
YAG-Laser-Kapsulotomie

Doch woran liegt das? Leider weisen diese Studien zum Thema unter anderem uneinheitliche Methodik, Ergebnisse und Schlussfolgerungen auf. Viel wichtiger jedoch – und das ist allen Studien gemeinsam – werden nur Inzidenzen bestimmt (also, wie oft eine Ablatio auftritt), keine Studie kann Kausalität beweisen. Die Genetik zeigt uns auch, dass Myopie, Ablatio und auch Katarakt genetisch festgelegt sein können, einzeln oder in Kombination.

Erst wenn wir dies berücksichtigen, werden wir herausfinden, ob ein Linsenaustausch zu Folgeveränderungen im Sinne eine Ablatio im Auge führt. Jeder Mensch scheint sein individuelles Risiko zu haben, denn die meisten Myopen bekommen im Laufe ihres Lebens mit oder ohne Linsenaustausch keine Ablatio.

Mit steigendem Alter nimmt das Risiko für eine Netzhautablösung nach Linsenaustausch statistisch ab. D.h. bei einem über-75-jährigen Patienten geht man von einem Risiko weit unter 1% aus. Das Risiko für eine Netzhautablösung steigt bei hoher Myopie, Vitrektomie wegen einer hinteren Kapselruptur, nach Trauma-Anamnese und Diabetes mellitus. Erwähnt sei an dieser Stelle, dass jüngere Patienten per se auch ohne OP ein höheres Risiko einer Netzhautablösung haben. Eine prophylaktische Photokoagulation in Risiko-Augen sollte sorgfältig abgewogen werden, da auch diese mit Komplikationen wie epiretinaler Gliose, Makulaödem und hinterer Glaskörperabhebung vergesellschaftet ist.

Am Ende entscheidet der Patient, ob er sein individuelles Risiko eingehen möchte, genauso wie er selbst entscheidet, was sein Lebensstil und seine Hobbys sind.

Patienten mit hoher Myopie sollten konsequent nach Linsenaustausch nachbeobachtet werden, um Netzhaut-Pathologien frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.