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29. Kongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie (DGII)

Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie (DGII)

26. - 28.02.2015, Karlsruhe

Ist die negative Dysphotopsie nach der Kataraktoperation durch den N. Opticus und den blinden Fleck beeinflusst?

Meeting Abstract

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  • Martin Wenzel - Trier
  • A. Langenbucher - Trier

Deutschsprachige Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie. 29. Kongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie (DGII). Karsruhe, 26.-28.02.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15dgii074

doi: 10.3205/15dgii074, urn:nbn:de:0183-15dgii0740

Veröffentlicht: 25. Februar 2015

© 2015 Wenzel et al.
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Gliederung

Text

Fall 1: Herr HD, 58 Jahre, hatte eine hintere Schalentrübung bei Steroid-Katarakt an beiden Augen mit starker Blendung. Visus ohne Blendung rechts 0,6 und links 0,8. Beidseits Achsenmyopie 24,9 mm, Refraktion – 1 dpt., Tensio 12–16 mmHg, Tilted-Disc-Opticopathie mit grenzwertig pathologischer Nervenfaseratrophie links. Unter topischen Anästhesie wurde eine ungefärbte hydrophobe monofokale Linse (Acrysof SA 60 AT 19,5 dpt) in den Kapselsack implantiert, die Größe der Rhexis lag bei 6 mm. Die Operation erfolgte von schräg oben (11.00 Uhr-Position). Drei Monate nach der komplikationslosen Kataraktoperation rechts kam er zur Operation des linken Auges. Dabei klagte er über einen Schatten am Rand des linken Gesichtsfeldes. Visus rechts 1,0 mit – 1 dpt. Keine nachweisbare Pathologie des linken Auges, keine Glaskörpertrübungen.

Zur genauen Lokalisation des Schattens nutzten wir das physiologische Skotom des blinden Fleckes. Wir setzten den Patient vor einen Schreibtisch und legten ihm darauf ein Musterblatt vor, wie es zur Goldmann-Preimetrie verwendet wird. An der Stelle, wo der 60°-Kreis die Horizontale schneidet, malten wir einen roten Punkt mit einem Durchmesser von 5 mm. Das Blatt wurde so auf den Schreibtisch gelegt, dass das Zentrum vor dem rechten Auge lag und der rote Punkt nach temporal lag. Wir forderten ihn auf, von oben senkrecht nach unten genau auf das Zentrum des Blattes zu schauen und den Kopf langsam so lange zum Blatt hin zu bewegen, bis der rote Punkt verschwand. In Vorversuchen hatten wir getestet, dass bei einer Entfernung von etwa 25 cm der Fall ist. Als der Patient, der bis dahin noch nichts von seinem physiologischen blinden Fleck wusste, den Kopf senkte, stellte er zu seinem Erstaunen fest, dass der rote Punkt plötzlich (im blinden Fleck) verschwunden war. Sodann baten wir ihn unter Beibehaltung der Kopfhaltung und unter zentraler Fixation, bei dem der rote Punkt für ihn nicht mehr sichtbar war, die Lage des Schattens auf dem Blatt zu markieren. Zu unser aller Erstaunen malte er einen etwa 10 cm großen Bogen, der genau durch den blinden Fleck verlief.

Fall 2: Herr PK, 66 Jahre, hatte eine myopisierende Kernkatarakt am rechten Auge mit beginnendem Engwinkelglaukom, Tensio 21–27 mmHg ohne Papillen- oder Gesichtsfeldpathologie, enge Vorderkammer, Linsen-Myopie von 3,5 dpt. Unter topischen Anästhesie wurde eine asphärische hydrophobe monofokale Gelbfilterlinse (Acrysof SN 60 WF 22,5 dpt) in den Kapselsack implantiert, die Größe der Rhexis lag bei 6 mm. Die Operation erfolgte von schräg oben (11.00 Uhr-Position). Nach der komplikationslosen Kataraktoperation klagte er über einen störenden Schatten temporal, der nach 9 Tagen spontan verschwand.

Nach 4 Monaten wurde links operiert. Auch links lag der Augendruck bei enger Vorderkammer zwischen 16 und 28 mmHg, keine Myopisierung. Die Operation verlief genauso, unkompliziert, wie links. An beiden Augen war die Vorderkammer postoperativ wieder normal tief, der Visus stieg bds. sc schnell auf 1,0 an. Auch links trat postoperativ ein störender Schatten temporal auf, der aber auch nach 4 Monaten nicht verschwand. Der Patient beschrieb ihn als „Sperre, Mauer“ von temporal unten. Bei Dunkelheit störte er nur wenig. Das Verschatten durch ein temporales Heben seiner Hand besserte nicht, nur bei zusätzlichem Blick nach links. Es fand sich keinerlei ophthalmologische Pathologie, die die Beschwerden erklären konnten. Er fertigte eine Skizze der „Mauer“ an und schätzte, sie sei etwa 40° temporal des Zentrums.

5 Monate nach der Operation wurde er nach den Erfahrungen des 1. Patienten erneut untersucht. In der Zwischenzeit war die „Mauer“ verschwunden: Nach einem Sturz war es für mehrere Tage zu einer massiven Lidschwellung gekommen, nach deren Abklingen war auch die „Mauer“ verschwunden. Er gab an, sich noch genau an die Stelle erinnern zu können, an der die störende Mauer im Blickfeld gewesen sei. Dieses mal legten wir ihm wie bei dem ersten Patienten einen standardisierten Untersuchungsbogen vor, das Zentrum der ehemals störenden Gesichtsfelddefektes („Mauer“) lag im blinden Fleck, 15° temporal des Zentrums. Bis vor der Operation und nach dem Verschwinden der Dysphotopsie hatte er diskrete Glaskörpertrübungen bemerkt, die während der Dysphotopsie nicht mehr bemerkt worden seien.

Diskussion: Die Ursache von negative Dysphotopsien sind unklar. Bisher gelang es nicht, diese im Gesichtsfeld exakt zu lokalisieren.

Mit Hilfe des physiologischen blinden Fleckes lassen sich negativer Dysphotopsien in ihrem Bezug zur Retina lokalisieren. Bei zwei Patienten fanden wir, dass sie in Beziehung zum N. Opticus und der zentralen großen Gefäßen stehen. Das war für Patienten und Untersucher erstaunlich, da sie für die Patienten und die Untersucher viel weiter peripher vermutet worden sind. Es ist nicht auszuschließen, dass die negativen Dysphotopsien durch eine geringe postoperative Änderung der Abbildungsgröße verursacht sind. Dadurch kommt es zu einer Diskrepanz zwischen der gewohnten Lage des physiologischen blinden Fleckes sowie der zentralen Gefäße und der geringfügig neuen Lage. Der Fall des zweiten Patienten lässt vermuten, dass eine Okkulusionstherapie therapeutisch erfolgreich sein kann.