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Nutzer*innenperspektive im Fokus: Ergebnisse der qualitativen MiCa-Studie
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Veröffentlicht: | 7. Februar 2024 |
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Hintergrund: Im deutschen Gesundheitssystem betreuen Hebammen Frauen und junge Familien in der Schwangerschaft, während der Geburt und in der Zeit danach. Das Mitdenken der Nutzer*innenperspektive kann nachweislich zur Verbesserung der Versorgung beitragen. Welche Aspekte für die Nutzer*innen eine gute, passende Betreuung ausmachen, war Gegenstand der vorgestellten Studie. Darüber hinaus könnten im Zuge der Akademisierung des Hebammenberufs die Kompetenzbereiche von Hebammen in diesem Arbeitskontext sowie die interprofessionelle Zusammenarbeit mit Gynäkolog*innen und weiteren Berufsgruppen angepasst und optimiert werden.
Ziel/Fragestellung: Ziel dieser Studie war, die Erwartungen, Präferenzen und Bedürfnisse von Frauen an die professionelle Betreuung in der reproduktiven Phase zu erheben. Betrachtet wurden Kinderwunsch, Schwangerschaft, Geburt und frühe Elternschaft im Kontext der Hebammenbetreuung.
Methodik: Es handelt sich um eine qualitative Studie mit fünf Interviews mit Frauen mit Kinderwunsch, sieben Online-Fokusgruppen in der Früh- und Spätschwangerschaft und sechs Online-Fokusgruppen mit Frauen kurz nach der Geburt, im Wochenbett und im ersten Jahr nach der Geburt. Die Daten wurden mittels der von Mayring beschriebenen qualitativen Inhaltsdatenanalyse analysiert.
Ergebnisse: Es nahmen insgesamt 45 Frauen an der Studie teil. Die Erfahrungen der Frauen mit der Hebammenbetreuung waren unterschiedlich, zum Teil gaben sie an, dass sich ihnen die Betreuungsstrukturen nicht sofort erschlossen hätten. Die Ergebnisse hoben die Wertschätzung von Frauen in Hinblick auf das fachliche Wissen der betreuenden Hebamme hervor. Es zeigte sich außerdem, dass die Hebammenbegleitung subjektiv zu mehr Vertrauen in die körperlichen Prozesse und Selbstwirksamkeit führen kann. Die Kontinuität der Betreuung wurde als bestmögliches Konzept bewertet. Außerdem wurde eine gut funktionierende interprofessionelle Zusammenarbeit positiv bewertet, ebenso wie stringente Informationen und eine individuelle Beratung. Eine einheitliche Personalausstattung und Kommunikation sowie standardisierte Informationen würden die Versorgungssituation aus Sicht der Nutzer*innen verbessern.
Relevanz: Hebammen spielen eine zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung, Geburtsvorbereitung, während der Geburt, im ersten Lebensjahr des Kindes und in der Prävention für die Gesundheit der jungen Familie.
Seit 2020 ist der Hebammenberuf in Deutschland akademisiert. Die Ergebnisse der Studie könnten in die Entwicklung und Anpassung der Curricula an den Hochschulen einfließen, Lehrinhalte entsprechend angepasst, erweitert oder zusätzlich in den Fokus genommen werden.
Empfehlungen/Schlussfolgerung: Um die Versorgungssituation quantitativ abzubilden, die Versorgung zu individualisieren und Versorgungsmodelle zu optimieren, wird ein Instrument zur Beurteilung der Versorgungsqualität und zur Bewertung der Bedürfnisse der Frauen in der Hebammenversorgung entwickelt. Aus der Perspektive des öffentlichen Gesundheitswesens sollten Defizite im deutschen Gesundheitssystem hinsichtlich unzureichender intra-sektoraler Kommunikation, Zeitdruck und geringer Vergütung in weiteren Forschungsschritten und politischen Maßnahmen behoben werden. Die in unserer Studie gewonnenen Erkenntnisse können in die Gesundheitsversorgung mit effektiver interprofessioneller Teamarbeit im Rahmen der Kontinuität der Hebammenbetreuung einfließen.
Ethik und Interessenkonflikte: Es war nicht notwendig, die Forschungsarbeit einer Ethikkommission vorzulegen. Die Forschung wurde durch Eigenmittel finanziert. Es liegen keine Interessenkonflikte vor.