Artikel
Kompartmentsyndrom der Hand durch ein myeloisches Sarkom: ein Fallbericht
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 27. August 2021 |
---|
Gliederung
Text
Fragestellung: Das myeloische Sarkom ist eine sehr seltene solide Neoplasie aus unreifen extramedullären granulozytären Zellen, die am häufigsten im Verlauf einer akuten myeloischen Leukämie auftritt. Die klinische Manifestation als Kompartmentsyndrom stellt eine Rarität dar und wirft ein therapeutisches Dilemma auf.
Methodik: Es wird der zweite beschriebene Fall eines myeloisches Sarkoms als Ursache für ein Kompartmentsyndrom der oberen Extremität vorgestellt und das therapeutische Vorgehen zur Erstbeschreibung verglichen.
Ergebnisse: Ein 76-jähriger Patient stellte sich aufgrund einer seit zwei Monaten progressiven, stark schmerzhaften Schwellung des rechten Unterarms und der Hand vor. Innerhalb der letzten 24 Stunden war die Schwellung und insbesondere die Schmerzen rasch fortgeschritten, unter Ausbildung von Hauteinblutungen und Spannungsblasen. Anamnestisch ergab sich eine komplexe Gerinnungsstörung aufgrund einer Osteomyelofibrose. In der klinischen Untersuchung zeigte sich die Hand in einer Intrinsic-Minus-Stellung. Die passive Streckung der Finger verursachte starke Schmerzen. Es bestanden deutliche Kribbelparästhesien an allen Fingern. Die Pulse ließen sich kräftig palpieren. Im MRT imponierte eine diffuse Signalanreicherung der Unterarm- und Handbinnenmuskulatur, die als Ausdruck des klinisch manifesten Kompartmentsyndroms gewertet wurde. Es wurde eine sofortige Fasziotomie durchgeführt. Intraoperativ wurden eine Blutung und eine Infektion ausgeschlossen, allerdings zeigte sich die Unterarm- und Handbinnenmuskulatur glasig-fibrotisch alteriert. Die histologische Untersuchung der Subkutis und der Muskulatur wies Infiltrationen durch undifferenzierte myeloische Neoplasien nach, die als myeloisches Sarkom gewertet wurden. Am vierten postoperativen Tag erfolgte der Sekundärverschluss durch eine Spalthauttransplantation. Aufgrund der verzögerten Wundheilung konnte die hyperfraktionierte Strahlentherapie erst drei Wochen nach der Spalthauttransplantation begonnen werden, in dessen Verlauf der Patient verstarb.
Schlussfolgerung: Der Fall zeigt, dass das idiopathische Kompartmentsyndrom durch eine ausführliche Anamnese und ergänzende Diagnostik kritisch beurteilt und eine seltene maligne Neoplasie differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden muss. Die Risiken einer Fasziotomie, die die systemische Therapie verzögert, müssen gegen die Risiken eines unzureichend behandelten Kompartmentsyndroms, die von subtilen neurologischen Defiziten bis hin zum Verlust von Gliedmaßen reichen, abgewogen werden.