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Motorische Ersatzeingriffe bei kindlicher Plexusparese: Erfahrungsbericht nach 20 Jahren
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Veröffentlicht: | 27. August 2021 |
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Fragestellung: Muskel-Sehnen Transfers sind seit langer Zeit fester Bestandteil der Sekundäreingriffe nach Plexusläsionen.
In den letzten zwanzig Jahren haben wir innerhalb unseres funktionswiederherstellenden chirurgischen Schwerpunkt knapp 2000 Patienten mit kindlicher Plexusparese untersucht, beraten und operiert. In retrospektiven Vorarbeiten haben wir die Bewegungsverbesserung durch Muskeltransfers gemessen und bei allen Patienten durch die klinische Verlaufsbeobachtung auch Rückschlüsse über Erfolg, Komplikationen und daraus folgernd stringente Indikationsstellung gezogen.
Methodik: Alle in den Jahren 2000 bis 2020 vorgestellten Patienten mit dieser Diagnose wurden im Langzeitverlauf mit Bewegungsausmaßen (p und aROM) prä- und postoperativ dokumentiert und insbesondere die Funktionsentwicklung nach Muskel-Sehnen-Transfer langfristig aufgezeichnet.
Die jetzige retrospektive Analyse überblickt diesen Zeitraum und die durchgeführten Verfahren, die wir nun nach Topografie geordnet (Schulter, Ellenbogenbewegung, Prosupination, Handgelenksstreckung, Handfunktion) vorstellen mit Bewertung der Operationsverfahren.
Ergebnisse: Im Bereich der Schulter sind Muskeltranspositionen zur Verbesserung der aktiven Auenrotation, und hier insbesondere bei abgespreiztem Oberarm, sinnvoll und zielführend. Für die Aufwertung der Abduktion gibt es keine wirklich guten Optionen, vereinzelt kann der sog. Triple- Tranfer (M. trapezius, teres major UND latissimus dorsi) sinnvoll sein.
Zur Verbesserung der Ellenbogenbewegung wurden selten Muskeltransfers indiziert, dies sicher aufgrund der multiplen Möglichkeiten der direkten Nervenrekonstruktion.
Die Prosupination kann durch das Bicepssehnen- oder Brachioradialis- Rerouting erheblich verbessert werden, ebenso die aktive Handgelenksstreckung durch einen FCU oder PT Transfer. Im Bereich der Hand kommen selten Ersatzeingriffe zum Einsatz.
Vereinzelt kann mit einem freien, funktionellen M. Gracilis Transfer die Biceps- oder Fingerbeugefunktion substanziell aufgewertet werden.
Schlussfolgerung: Motorische Ersatzoperationen sind ein fester Bestandteil im Behandlungskonzept der kindlichen Plexusparese. Wenige, mittlerweile standardisierte Muskeltranspositionen lassen bei enger Indikationsstellung verläßliche motorische Verbesserungen erreichen. Freie Muskeltransfers sind beim Kind selten, können aber eine hochrangige Einzelfunktion gut ersetzen.
Eine empirische, gut dokumentierte Langzeiterfahrung kann bei diesem seltenen komplexen Krankheitsbild zur Optimierung der Behandlungsstrategie beitragen.