gms | German Medical Science

57. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie

22. - 24.09.2016, Frankfurt am Main

Ist Handchirurgie in Lokalanästhesie mit Adrenalin-Zusatz („wide awake“) zuverlässig und sicher? – Systematische Literaturübersicht und eigene Erfahrungen mit 163 Patienten

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie. 57. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie. Frankfurt am Main, 22.-24.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgh046

doi: 10.3205/16dgh046, urn:nbn:de:0183-16dgh0460

Veröffentlicht: 20. September 2016

© 2016 Gohritz.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Fragestellung: Bis heute wird bei Operationen in Lokalanästhesie mit Adrenalin-Zusatz an der Hand ein Endarterienverschluss und Gewebenekrose befürchtet.

Ziel dieser systematischen Literaturübersicht war Zuverlässigkeit, Sicherheit und Komplikationsrate von handchirurgischen Operationen in Lokalanästhesie mit Adrenalinzusatz ohne Tourniquet („wide awake“) zu untersuchen.

Methodik: Eine systematische Literaturanalyse basierend auf Pubmed 1980-2016 wurde nach PRISMA (Preferred Items for Systematic Review and Meta-Analyses)-Kriterien durchgeführt. Eingeschlossen wurden alle Studien mit klinischen Ergebnissen zur Handchirurgie in „wide awake“. Schwere Komplikationen wurden definiert als gravierende systemische Komplikationen, Gewebeischämie mit notweniger Andidot-Gabe (Phentolamine), Gewebeverletzung oder -nekrose. Minder schwere Komplikationen umfassten vorübergehende unerwünschte Nebenwirkungen, z. B. übermässige Blutung im OP-Feld oder Schmerzen für die Patienten.

Ergebnisse: Es wurden 31 Studien mit insgesamt 6115 Patienten eingeschlossen. In 22 Studien wurde eine 1 :100 000-Lidocain-Adrenalin-Lösung verwendet, 6-mal 1 : 1 000 000 („one per mil“). In nur 4 Fällen (0,065%) wurden schwere Komplikationen angegeben: 1 CRPS nach mangelnder intraoperativer Analgesie, 2 Nervenverletzungen infolge mangelhafter Blutleere und nur einmal akrale Nekrosen. In diesem Fall traten bei einer 70-jährigen Patientin nach Ringbandspaltung in 1 : 100 000 Lidocain-Epinephrin-Anästhesie verzögert Fingerkuppennekrosen auf, Risikofaktoren waren Diabetes mellitus, ischämischer Hirninfarkt und starke Atherosklerose. Minder schwere Zwischenfälle wurden bei 39 Patienten (0,64%), berichtet, vorwiegend mangelhafte Blutleere in 15 Fällen.

Bei 163 eigenen Fällen (21% Nervendekompressionen, 20% Frakturversorgungen oder Metallentfernung, 15% Ringbandspaltungen), war nie eine Antidot-Gabe notwendig. Mangelhafte Blutleere war nur initial problematisch, bevor eine Zeitspanne von mindestens 20 Minuten zwischen Injektion und Inzision eingehalten wurde.

Schlussfolgerung: Die Kombination von Lokalanästhesie und Adrenalin als Vasokonstriktor in der Handchirurgie ist eine sichere und zuverlässige Methode, die für Patient und Operateur zahlreiche Vorteile bietet. Schwere Komplikationen infolge der Adrenalin-Zugabe sind äusserst selten, wenn Risikofaktoren für lokale Ischämie bachtet werden. Temporäre Nebenwirkungen, wie mangelnde Blutleere im OP-Gebiet, können durch Abwarten der optimalen Vasokonstriktion reduziert werden.