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Kompression des Nervus medianus auf Höhe eines supracondylären Processus am Humerus – Ein Fallbericht
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Veröffentlicht: | 21. September 2015 |
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Fragestellung: Kompressionsneuropathien des Nervus medianus am Oberarm sind selten. Eine mögliche Ursache ist ein Processus supracondylaris am medialen Epicondylus humeri, welcher den Nervus medianus oder auch die Arteria brachialis einengen kann. Die meisten Fälle bleiben asymptomatisch. Wir berichten von einem Fall, bei dem es infolge dieser anatomischen Variante zu einer Kompressionsneuropathie des Nervus medianus kam.
Methodik: Ein 40-jähriger Patient präsentierte sich mit einem Taubheitsgefühl im Versorgungsgebiet des Nervus medianus sowie einem Kraftverlust des Daumens, Zeige- und Mittelfingers bei Flexion. In der Elektroneurographie zeigte sich ein partieller Leitungsblock des Nervus medianus in der linken Ellbeuge. Magnetresonanz- und computertomographisch konnte ein Processus supracondylaris 8 cm kranial des Ellbogengelenkes nachgewiesen werden. Unterhalb dieses Fortsatzes zeigte der Nervus medianus einen aberranten Verlauf in einem Knochenkanal um den Epicondylus medialis humeri. Im Nervenultraschall war der Nerv vor Eintritt in den Knochenkanal verdickt, mit aufgehobener faszikulärer Struktur. Wir stellten die Indikation zur Freilegung des Nervus medianus.
Ergebnisse: Intraoperativ bestätigte sich ein aberranter Verlauf des Nervus medianus durch einen knöchernen Kanal bei supracondylärem Processus am Humerus mit Verknöcherung des Struther’schen Ligaments. Der Nerv war innerhalb des Kanals stark eingeengt und fibrös mit der Umgebung verwachsen. Wir führten die vollständige Befreiung des Nerven und dessen Vorverlagerung ins palmare Subkutangebiet durch. Bereits im frühen postoperativen Verlauf berichtete der Patient über eine Regredienz der Beschwerden.
Schlussfolgerung: In der Literatur gibt es nur wenige Beschreibungen von Kompressionsneuropathien des Nervus medianus am Oberarm infolge supracondylärem Processus am Humerus. Die Häufigkeit dieser anatomischen Variante wurde kürzlich in einer Studie von Shivaleela et al. untersucht. Es konnte nur in einem von 240 Fällen ein solcher Knochenfortsatz nachgewiesen werden. Unser Fall hat gezeigt dass es sich lohnt, auch seltene Ursachen für Kompressionsneuropathien in die differentialdiagnostischen Überlegungen mit einzubeziehen.