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50. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie

08.10.- 10.10.2009, Tübingen

Tierbissverletzungen der Hand – unterschätztes Infektionsrisiko?

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Mark Lenz - Friedrich-Schiller-Universität Jena, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Jena, Deutschland
  • Reinhard Friedel
  • Torsten Dönicke
  • Ralf Schmidt
  • Gunther O. Hofmann

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie. 50. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie. Tübingen, 08.-10.10.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgh06

doi: 10.3205/09dgh06, urn:nbn:de:0183-09dgh063

Veröffentlicht: 5. Oktober 2009

© 2009 Lenz et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Tierbissverletzungen werden häufig initial unterschätzt und münden nicht selten in eine Infektion der Hand. Bissverletzungen bieten die Gefahr der Inokulation von Mundflora in die Bisswunde. Leichtere Bissverletzungen kommen meist nicht zur ärztlichen Vorstellung. Durch die Analyse von stationär behandelten schwereren Fällen sollen tierartspezifische Risiken und Verletzungsmuster dargelegt werden.

Methodik: Die Krankheitsverläufe von 30 stationär behandelten Patienten (17w, 13m) mit Tierbissverletzungen im Zeitraum von 2000–2008 wurden ausgewertet. Hierunter befanden sich 19 Hundebiss-, 5 Katzenbiss-, 2 Kaninchenbiss-, 2 Pferdebiss-, eine Schlangen- und eine Schweinebissverletzung.

Ergebnisse: Katzenbissverletzungen sind seltener als Hundebissverletzungen, führen aber häufiger zu schwerwiegenden Infektionen der Hand. Pasteurella multocida konnte isoliert werden. Charakteristisch für Katzenbissverletzungen ist der enge, tiefe Stichkanal. Teilweise beobachteten wir nicht heilende Ulcera, die nach Infektsanierung eine sekundäre plastische Deckung erforderlich machen.

Hundebissverletzungen haben hingegen bei initialem ausreichendem Débridement, offener Wundbehandlung und kalkulierter Antibiose eine gute Prognose. Meist liegen Rißquetschwunden mit großflächigem Wundgrund vor. Oft aufwändiger als die lokale Infektsanierung ist die sekundäre Rekonstruktion der Weichteile bei ausgedehntem Befund. Das Verletzungsausmaß korreliert häufig mit der Größe und Rasse des Tieres. Der Giftschlangenbiss führte zu ausgedehnten Nekrosen der oberen Extremität und systemischer septischer Reaktion.

Bei den insgesamt seltenen Pferdebissverletzungen handelte es sich in unseren Fällen um nicht rekonstruierbare Amputationsverletzungen der Finger, die unter Stumpfdeckung reizfrei ausheilten. Die Kaninchenbisse führten bei einem Kleinkind zum kompletten Fingerverlust und im zweiten Fall zu einer Strecksehnendurchtrennung, die nach lokaler Infektsanierung rekonstruiert wurde.

Schlussfolgerung: Als problematisch sind Katzenbisse einzustufen. Durch die schmalen, spitzen Zähne ist eine Inokulation in tieferen Gewebsschichten möglich, die bei ungenügendem Débridement und inadäquater Drainage zur Handphlegmone führt. Hundebissverletzungen sind die nach Débridement und offener Wundbehandlung weniger infektgefährdet. Gewisse Hunderassen können einen ausgedehnten Weichteilschaden verursachen. Bissverletzungen durch andere Tiere sind seltener, können aber je nach Verletzungsmuster ein bedrohliches Ausmaß annehmen. Kleinkinder sind besonders gefährdet, schwerere Bissverletzungen auch durch kleinere Tiere zu erleiden. Die Kenntnis der artspezifischen Verletzungsmuster und der inokulierten Keime ist essentiell in der Behandlung von Bissverletzungen und kann eine ausgedehntere Infektion verhindern.