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4. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen e. V. (DGESS)

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e. V.

20.03. - 22.03.2014, Leipzig

Selbstkontrolle bei adoleszenten Patientinnen mit Anorexia nervosa

Meeting Abstract

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e.V. (DGESS). 4. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen. Leipzig, 20.-22.03.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14dgess083

doi: 10.3205/14dgess083, urn:nbn:de:0183-14dgess0833

Veröffentlicht: 17. März 2014

© 2014 Ritschel et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Patienten mit Anorexia nervosa (AN) werden durch ein sehr niedriges Körpergewicht charakterisiert. Trotzdem sind sie in der Lage unmittelbare Belohnungen (Essen) für langfristige Ziele (dünne Figur) aufzugeben. Das erfordert ein ungewöhnlich hohes Maß an Selbstkontrolle. Diese Beobachtung des klinischen Alltags kann im Rahmen des delay-discounting-Dilemmas genauer untersucht werden.

Methoden: Das Ziel der aktuellen Studie ist ein Vergleich von discounting Verhalten bei jungen, gesunden Kontrollprobanden mit jungen AN-Patientinnen sowie mit gewichtsrehabilitierten AN-Probandinnen (Querschnittsdesign). Zusätzlich wurden akute AN-Patientinnen nach kurzzeitiger Gewichtsrehabilitation erneut untersucht (Längsschnittdesign).

Wir nutzten eine monetäre Aufgabe zum Belohnungsaufschub (delayed reward choice task), um den temporalen discounting Faktor (k) zu ermitteln. Dieser zeigt an, ob ein Individuum einen festgelegten, sofortigen Betrag gegenüber einem relativ höheren, späteren Betrag bevorzugt. Die Fläche unter der Kurve (area under the curve, AUC) wurde als Konsistenzmaß genutzt.

Ergebnisse: Individuelle k- und AUC-Werte wurden anhand einer ANOVA verglichen. Bei der Analyse der kompletten Stichprobe (mit Alter als Kovariate) wurden keine Gruppenunterschiede hinsichtlich k und AUC gefunden. Auch in einer alter-gematchten Stichprobe und in der Längsschnittanalyse ergaben sich keine signifikanten Unterschiede. Der discounting Paramter k korrelierte jedoch mit selbst berichteter Impulsivität.

Schlussfolgerung: Die Annahme, dass es Unterschiede im delay discounting zwischen Patientinnen mit AN und gesunden Kontrollprobandinnen gibt, wird durch unsere Studie nicht gestützt. Eine frühere Studie fand verringertes delay discounting bei erwachsenen Patientinnen mit AN (Steinglass et al., 2012). Unterschiede zwischen unserer und der vorherigen Studie könnten durch die unterschiedliche Altersspanne und die Chronizität der Patientenstichprobe erklärt werden. Nachfolgende Studien, welche ein solches Paradigma verwenden, sollten störungsspezifische Stimuli nutzen, um die Rolle von delay discounting bei AN weiter aufklären zu können.