gms | German Medical Science

4. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen e. V. (DGESS)

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e. V.

20.03. - 22.03.2014, Leipzig

Die Praxis der Bulimiebehandlung in Deutschland: Status quo und Desiderata als Ergebnis einer Expertenbefragung

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • corresponding author presenting/speaker Burkard Jäger - Psychosomatik und Psychotherapie, MHH, Hannover, Deutschland
  • author Armin Hartmann - Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Freiburg, Deutschland
  • author Almut Zeeck - Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Freiburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e.V. (DGESS). 4. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen. Leipzig, 20.-22.03.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14dgess065

doi: 10.3205/14dgess065, urn:nbn:de:0183-14dgess0659

Veröffentlicht: 17. März 2014

© 2014 Jäger et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Hintergrund: Die Metaanalysen zum Bulimie-Kapitels der aktuellen S3-Leitlinien (Herpertz et al. 2011) haben große Diskrepanzen zwischen gut beforschten Studien in englischspracheigen Ausland und der praktizierten Psychotherapie in Deutschland offenbart, zudem können durchschnittliche Therapieerfolge von 45% nicht als befriedigend angesehen werden. Defizitär erscheint auch, dass es keine aktuellen Informationen über die tatsächlich ausgeübte Therapiepraxis bei Bulimie gibt und dass Vorschläge erfahrener KollegInnen zu wünschenswerten Modifikationen unbekannt sind.

Methoden: Ein für die Untersuchung in mehreren Schritten konzipierter Fragebogen umfasste 4 Fragebereiche: (I) Gründe für die relativ schlechte Therapie-Response bei Bulimie. (II) Ziele und Fokus der eigenen Bulimiebehandlungen. (III) Die Bedeutung vorgegebener, möglicher Interventionen für 4 unterschiedliche Ausprägungsformen einer Bulimieerkrankung (mod. CPPS-Skala, Hilsenroth et al. 2005) mit den Faktoren eher psychodynamischer (PD) und eher kognitiv-verhaltenstherapeutischer (kvt) Interventionen. (IV) Informationen über den Psychotherapeuten und dessen Psychotherapiepraxis (DPCCP Skala, mod. nach Orlinsky und Ronnestad 2005). Der Fragebogen wurde allen Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen zugesandt, weiterhin an die Teilnehmer einer Tagung zum Thema Essstörungen und in zwei lokalen Kompetenznetzwerken verteilt.

Ergebnisse: 56 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten beantworteten den Fragebogen, 39% mit Ausbildung in KVT, 27% in PD und 25% in beidem. Die Ambivalenz der Patienten, die mangelnde Ausbildung der Therapeuten und die Schwere der Komorbidität waren die meistgenannten Gründe für Therapieversagen. Die frei formulierten Ziele konnten in der Reihenfolge ‚Normalisierung des Essverhaltens’, ‚Affektregulation’ und ‚Selbstwert’ kategorisiert werden. Verschiedene Verfahren und Vorgehensweisen, die nicht Gegenstand der Richtlinienpsychotherapie sind, wurden als Ergänzungen vorgeschlagen. Interventionen wurde eher in Übereinstimmung mit der therapeutischen Ausbildung gewählt, wobei CBT-Interventionen bei komplizierteren Fällen als wichtiger als bei unkomplizierten Fällen angesehen wurden, bei PD-Interventionen zeigten sich kaum Unterschiede. Es zeigt sich eine Bereitschaft der Psychotherapeuten, Interventionen unterschiedlicher Schulen zu integrieren.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse müssen wegen der kleinen Fallzahl sehr vorsichtig interpretiert werden. Sie unterstützen jedoch nachdrücklich, die Therapie von Essstörungen methodenintegrativ zu gestalten und bilden ein weiteres Argument für Zweifel am sehr schulenorientierten System der Ausbildung in Richtlinienpsychotherapie.