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Adipositas: Wer schafft es in Therapie?
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Veröffentlicht: | 8. Februar 2012 |
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Veröffentlicht mit Erratum: | 21. Februar 2012 |
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Hintergrund: Adipositas als chronische Erkrankung nimmt weltweit zu. Bei der Behandlung sollten interdisziplinäre Ansätze verfolgt werden, die Patienten individuell gerecht werden. Im Rahmen der Tübinger „Plattform Adipositas“ werden Betroffene endokrinologisch, sportmedizinisch, ernährungstherapeutisch, chirurgisch und psychosomatisch untersucht. Danach erfolgt in einer interdisziplinären Fallkonferenz eine leitlinienorientierte individuelle Therapieplanung. Ein beträchtlicher Teil von Patienten erhält keine Empfehlung, da dieser den diagnostischen Pfad vorzeitig beendet. Ziel der Studie war die Charakterisierung dieser Patientengruppe.
Methodik: Es konnten 681 Patienten, die sich initial im Rahmen der Plattform Adipositas vorgestellt hatten, eingeschlossen werden (Durchschnittsalter 42,0 Jahre, mittlerer BMI 45,3 kg/m2, 71,7% weiblich). Zusätzlich zu einem strukturierten klinischen Interview durch erfahrene Diagnostiker wurden Fragebogeninstrumente eingesetzt (PHQ, EDI-2, FKB-20, FEV, PSQ).
Ergebnisse: 46% der Patienten, hatten sich nicht in allen Fachbereichen vorgestellt. Diese „Non-Completer“ haben einen geringeren BMI, ein größeres Stressempfinden, eine ausgeprägtere Depressivität, mehr Kontrollverlusterleben sowie ein positiveres Körperbild im Vergleich zu Patienten die den diagnostischen Pfad beendet haben. Faktoren wie Geschlecht, Nationalität oder das Vorhandensein einer Binge-eating Störung haben keinen Einfluss. Bivariate Regressionsananlysen zeigen vor allem für den BMI eine deutliche Varianzaufklärung (12,7%).
Diskussion: Untersuchungen zu „Non-Completern“ im Bereich Adipositas konzentrieren sich überwiegend auf Abbrecher von Gewichtsreduktionsprogrammen. Vorliegende Studie zeigt, dass bereits in der diagnostischen Phase Hürden bestehen und Patienten Schwierigkeiten haben die notwendige Energie aufzubringen. Besonders Patienten mit psychischer Begleitsymptomatik (Stress, Depressivität) sollten frühzeitig erkannt und unterstützt werden. Die Daten sprechen für die Einführung von Adipositas-/Essstörungs-Zentren, die Ressourcen räumlich und zeitlich bündeln und damit Patienten besser gerecht werden können.