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Effekte kurzfristigen Fastens auf interozeptive Wahrnehmung und autonom-nervöse Regulationsprozesse bei gesunden, jungen Frauen
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Veröffentlicht: | 8. Februar 2012 |
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Hintergrund: Eine veränderte Körperwahrnehmung wird als bedeutender Faktor bei der Genese und Aufrechterhaltung von Essstörungen diskutiert. Insbesondere eine veränderte Perzeption interner Körpersignale (Interozeption) wird dokumentiert. Die Grundlagenforschung demonstriert die Bedeutung interozeptiver Wahrnehmung für die Emotionsverarbeitung und -wahrnehmung und spezifiziert die der Interozeption zugrunde liegende zentralnervösen Mechanismen. Nahrungsdeprivation wird als Essstörungen mit bedingendes und perpetuierendes Phänomen erachtet. Ungeklärt ist, inwieweit Symptome einer veränderten Interozeption in Reaktion auf Nahrungsdeprivation assoziiert mit psychophysiologischen Veränderungen bei gesunden Personen auftreten. Ziel der Studie war die Untersuchung der Wirkung von Fasten bei gesunden, jungen Frauen auf interozeptive Wahrnehmung, inklusive Hungererleben, in Interaktion mit Veränderungen autonom-nervöser Aktivierung und dem subjektiven Erleben.
Methodik: Interozeptive Sensitivität wurde anhand eines Kardiozeptionstests vor und nach 24-stündigen, kontrollierten Fastens bei 20 gesunden Frauen untersucht. Subjektives Hungerleben, autonom-nervöse kardiale Aktivität (Herzratenvariabilität), kardiodynamische Veränderungen (Impedanzkardiographie) und Ratings des Befindens wurden erhoben.
Ergebnisse: Es trat eine Sensitivierung der interozeptiven, kardialen Wahrnehmung ein, welche positiv mit der Intensität des ansteigenden Hungererlebens sowie mit Veränderungen der autonom-nervösen Aktivierung und der Kardiodynamik assoziiert ist. Hungererleben, negatives Befinden sowie das Erleben interozeptiver Reize sind invers mit der vagalen Aktivität korreliert.
Diskussion: Kurzfristige Nahrungsdeprivation induziert eine über autonom-nervöse Veränderungen vermittelte Intensivierung der interozeptiven Wahrnehmung, die nicht auf Hunger beschränkt ist, jedoch mit dieser Modalität positiv assoziiert ist. Die individuelle autonom-nervöse Aktivierung erwies sich als selbst-regulatorisch wichtiger Indikator für die Bewertung interozeptiver Signale sowie das subjektive Befinden. Die Ergebnisse sind von Relevanz im Rahmen aktueller Modelle zur Bedeutung interozeptiver Körperwahrnehmung bei Essstörungen.