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133. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

26.04. - 29.04.2016, Berlin

Off-label Anwendung von Parsireotid? – Eine Kosten-Effektivitätsanalyse von Octreotid und Pasireotid zur Prophylaxe der Pankreasfistel

Meeting Abstract

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  • Thilo Welsch - Carl Gustav Carus Klinikum TU Dresden, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Dresden, Deutschland
  • Benjamin Müssle - Carl Gustav Carus Klinikum TU Dresden, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Dresden, Deutschland
  • Marius Distler - Carl Gustav Carus Klinikum TU Dresden, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Dresden, Deutschland
  • Jürgen Weitz - Carl Gustav Carus Klinikum TU Dresden, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Dresden, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 133. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 26.-29.04.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgch514

doi: 10.3205/16dgch514, urn:nbn:de:0183-16dgch5148

Veröffentlicht: 21. April 2016

© 2016 Welsch et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Vermeidung einer postoperativen Pankreasfistel (POPF) nach Pankreasresektion durch Somatostatin-Analoga ist ein bedeutendes aber kontroverses Forschungsfeld. Die meisten Studienergebnisse liegen zu dem Somatostatin-Analogon Octreotid vor, welches laut aktuellen Meta-Analysen die POPF-Rate signikant senken kann. Vor kurzem erschienen randomisierte, placebokontrollierte Daten zu dem neuen Somatostatin-Analogon Pasireotid, welche eine potentere Prophylaxe der POPF in Aussicht stellen. Die Zielstellung der vorliegenden Studie war eine Kosten-Wirksamkeits-Analyse der beiden Somatostatin-Analoga Octreotid und Pasireotid im Rahmen ihrer Anwendung zur POPF-Prophylaxe nach Pankreasoperationen.

Methoden: Es wurde eine systematische Literaturrecherche unter Verwendung der MEDLINE-Datenbank durchgeführt. Die Selektion der eingeschlossenen Artikel erfolgte nach Kompatibilität zur ISGPF-Konsensusdefinition für POPF. Die Kosten-Wirksamkeits-Analyse erfolgte durch Berechnung des inkrementellen Kosten-Effektivitäts-Verhältnisses und eines Entscheidungsbaum-Verfahrens zur Modellierung der Wirksamkeit bezogen auf die Krankenhaus- verweildauer (VWD). Die unterschiedlichen VWD von Fällen mit und ohne POPF im Zeitraum von Januar 2013 bis März 2015 wurden aus einer prospektiv geführten Datenbank der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden erhoben.

Ergebnisse: Die systematische Literaturrecherche ergab 207 Abstracts. Nach Anwendung der Einschlusskriterien konnten sieben randomisierte, Placebo- kontrollierte Studien zur POPF-Prophylaxe eingeschlossen werden; sechs zu Octreotid (1.255 Patienten) und eine zu Pasireotid (300 Patienten). Die mediane POPF-Rate der Placebobehandlung in den sieben Studien betrug 19,6%. Das relative Risiko nach Octreotid-Prophylaxe lag bei 0,54, das von Pasireotid bei 0,45, wenn alle Schweregrade der POPF berücksichtigt wurden. Die Kosten für eine prophylaktische Behandlung betrugen für Octreotid (21 ×100μg) 249,69 Euro bei einer relativen Risikoreduktion (RRR) von 45,9% und für Pasireotid (14 ×900μg) 728,84 Euro bei einer RRR von 55,1%. Damit ergibt sich ein inkrementelles Kosten-E􏰃ektivitäts-Verhältnis (ICER) von 266,19 Euro bei Verwendung von Pasireotid. Bei 228 Pankreasresektionen betrug die mediane VWD bei Fällen ohne POPF 13 Tage versus 22 Tage bei Vorliegen einer POPF Grad A-C. Nach dem Entscheidungsbaum-Modell resultierte unter Verwendung dieser Daten die Prophylaxe mit Pasireotid in einer Verkürzung der VWD aller Fälle rechnerisch um 0,1 Tage. Die einseitige Sensitivitäts-Analyse zeigte, dass das Ergebnis gegenüber einer Veränderung der Variablen innerhalb des 95%-Konfidenzintervalls robust ist.

Konklusion: Es gibt Evidenz für eine Risikoreduktion der POPF durch die prophylaktische Verabreichung von Octreotid. Diese beträgt ca. 50%. Pasireotid verspricht nach bisher nur einer verfügbaren Studie eine nur um 1,8% stärkere Reduktion der POPF-Rate, bei Mehrkosten von 266 Euro pro Behandlungsfall. Der Kostenmehraufwand gleicht sich nicht durch eine signifikante Verkürzung der VWD nach Pasireotid-Prophylaxe aus. Ohne Zulassung für die POPF-Prophylaxe müsste Pasireotid aktuell "off-label" angewandt werden, jedoch gibt es mit Octreotid eine besser untersuchte, günstigere und nahezu gleich wirksame Alternative.