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130. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

30.04. - 03.05.2013, München

Gehänselt wegen einer Narbe oder einem Geburtsmal im Gesicht? – Stigmatisierungserfahrungen betroffener Kinder und deren Auswirkungen

Meeting Abstract

  • Kathrin Neuhaus - Zentrum für brandverletzte Kinder, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, Universitätskinderkliniken Zürich, Zürich
  • Ornella Masnari - Abteilung für Psychosomatik und Psychiatrie, Universitätskinderkliniken Zürich, Zürich
  • Markus Landolt - Abteilung für Psychosomatik und Psychiatrie, Universitätskinderkliniken Zürich, Zürich
  • Jochen Roessler - Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universtitätsklinikum Freiburg, Freiburg
  • Stefanie Weingaernter - Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universtitätsklinikum Freiburg, Freiburg
  • Martin Meuli - Zentrum für brandverletzte Kinder, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, Universitätskinderkliniken Zürich, Zürich
  • Clemens Schiestl - Zentrum für brandverletzte Kinder, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, Universitätskinderkliniken Zürich, Zürich

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 130. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 30.04.-03.05.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. Doc13dgch563

doi: 10.3205/13dgch563, urn:nbn:de:0183-13dgch5635

Veröffentlicht: 26. April 2013

© 2013 Neuhaus et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Regelmässig betreuen wir Patienten mit Geburtsmalen oder Narben im Gesicht. Oft fragen uns Eltern, wie das soziale Umfeld des Kindes reagieren wird. Wird das Kind gehänselt werden und wie wird es damit zurechtkommen? Aus der Literatur wissen wir bisher wenig über Ausmass, Häufigkeit und Auswirkung solcher Reaktionen. Ziel dieser Studie war es daher, Stigmatisierungserfahrungen zu erfassen, die Auswirkungen auf die Lebensqualität zu untersuchen und evtl. Risikofaktoren zu identifizieren.

Material und Methoden: Die Studienteilnehmer wurden am Universitätskinderspital Zürich sowie dem Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Freiburg rekrutiert: Eingeschlossen wurden Familien mit einem Kind zwischen 9 Monaten und 16 Jahren, das eine sichtbare angeborene oder erworbene Hautveränderung im Gesicht (z.B. Hämangiom, Naevus flammeus, kongenitaler melanozytärer Naevus, Narbe nach Verbrennung) >1cm2 aufweist. Die Datenerhebung erfolgte über Elternfragebögen. Mit betroffenen Kindern und Jugendlichen >7 Jahre wurde zusätzlich ein standardisiertes Interview geführt. Die Ergebnisse wurden mit einer gesunden Kontrollgruppe bzw. bereits bekannten Normwerten der Normalbevölkerung verglichen.

Ergebnisse: Die Auswertung von 83 Elternfragebögen und 31 Patienteninterviews ergab, dass Kinder und Jugendliche mit eine Veränderung im Gesicht signifikant mehr Stigmatisierungserfahrungen haben. Über 60% werden von Fremden angestarrt, etwa 40% werden mit Worten beleidigt und etwa 25% von anderen ausgelacht. Stigmatisierungserfahrungen nehmen mit dem Alter des Kindes sowie der Grösse der Hautauffälligkeit zu, sind aber unabhängig vom Geschlecht des Kindes und der Art der Auffälligkeit (angeboren bzw. erworben). Eltern von Schulkindern berichten über Einschränkungen im körperlichen, psychischen und schulischen Wohlbefinden ihres Kindes. Kinder und Jugendliche, welche häufig stigmatisierende Reaktionen erleben, haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Einschränkungen in der Lebensqualität sowie Verhaltensprobleme.

Schlussfolgerung: Kinder und Jugendliche mit einer Narbe oder einem Geburtsmal im Gesicht haben ein hohes Stigmatisierungsrisiko, das zu einer Einschränkung der Lebensqualität führen kann. Dies muss dem Behandlungsteam bewusst sein und in Therapieentscheidungen einfliessen. Zudem sollte betroffenen Patienten und Eltern psychologische Unterstützung angeboten werden