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130. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

30.04. - 03.05.2013, München

Das orbitale Kompartment-Syndrom – ein seltener MKG-Chirurgischer Notfall mit zweifelhafter Prognose

Meeting Abstract

  • Nicolai Adolphs - Universitätsmedizin Berlin Charité, Klinik für MKG-Chirurgie, Centrum 9, Berlin
  • Jan-Dirk Raguse - Universitätsmedizin Berlin Charité, Klinik für MKG-Chirurgie, Centrum 9, Berlin
  • Horst Menneking - Universitätsmedizin Berlin Charité, Klinik für MKG-Chirurgie, Centrum 9, Berlin
  • Bodo Hoffmeister - Universitätsmedizin Berlin Charité, Klinik für MKG-Chirurgie, Centrum 9, Berlin

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 130. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 30.04.-03.05.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. Doc13dgch437

doi: 10.3205/13dgch437, urn:nbn:de:0183-13dgch4378

Veröffentlicht: 26. April 2013

© 2013 Adolphs et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Das orbitale Kompartmentsyndrom, bei dem es zu einem unphysiologisch hohen Druckanstieg innerhalb der Orbita mit Kompromittierung der neurovaskulären Versorgung des Auges und Verlust der Sehfähigkeit kommen kann, zählt zu den seltenen Notfällen im Bereich der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.

Ätiologisch sind intraorbitale Einblutungen nach Traumata, besonders bei antikoagulativer Medikation, iatrogene Manipulationen (Lokalanästhesie, Lidchirurgie, Fremdmaterial) sowie entzündliche Prozesse der Orbita relevant.

Die Diagnose mit dem Leitsymptom „Visusminderung“ nach periorbitalem Trauma oder periorbitaler Infektion sollte klinisch ggf. auch ohne vorangehende Bildgebung erfolgen, um eine rasche Intervention zu ermöglichen und so einem irreversiblen Visusverlust vorzubeugen. Zur Notfallintervention kommen in erster Linie die laterale Kanthotomie, bzw. die laterale Kantholyse sowie transseptale Drainagen der Orbita in Frage.

Material und Methoden: Die Traumatologie des Gesichtsschädels zählt zum festen Versorgungsspektrum der Klinik, wobei bei ca. 200 Patienten/Jahr die knöcherne Orbita in den Frakturverlauf einbezogen ist. In aller Regel können diese Verletzungsmuster unkompliziert versorgt werden, nur in seltenen Fällen kommt es zum orbitalen Kompartment-Syndrom. Anhand von vier Kasuistiken des Jahres 2012 mit unterschiedlicher Ätiologie und unterschiedlichen Verläufen werden die eigenen Erfahrungen im Management dieses seltenen Notfalls dargestellt.

Ergebnisse: In zwei Fällen mit bei Aufnahme über die Rettungsstelle bereits bestehender Amaurose konnte trotz unmittelbarer operativer Entlastung die Sehfähigkeit nicht wiederhergestellt werden, wobei verschiedene weitere Umständen dieses Resultat mitverursacht haben.

In einem Fall gelang nach initialer Visusbeeinträchtigung der Visuserhalt durch die zeitnahe operative Entlastung, in einem weiteren Fall stabilisierte sich eine epiperiorbitale Einblutung unter Thrombozytenaggregationshemmern unter konservativer Therapie ohne Beeinträchtigung der Sehfähigkeit.

In Einzelfällen ist in der Literatur bei rascher Entlastung auch nach initial dokumentiertem Visusverlust ein Erhalt der Sehfähigkeit beschrieben, wobei dies nur innerhalb eines engen Zeitfensters möglich ist, was die Relevanz der unmittelbaren klinischen Diagnostik betont.

Schlussfolgerung: Das orbitale Kompartment-Syndrom stellt eine seltene aber schwerwiegende Notfallsituation im Bereich der MKG-Chirurgie dar. Leitsymptom ist die progrediente Visusbeeinträchtigung bei entsprechender Anamnese. Die Diagnose sollte klinisch gestellt werden, da nur durch zeitnahe Diagnostik und rasche Entlastung bleibende Beeinträchtigungen der Sehfähigkeit abwendbar sind.