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130. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

30.04. - 03.05.2013, München

Papierbasierte Checklisten klinischer Behandlungspfade – Erfolgsrezept oder reiner Dokumentationsaufwand im klinischen Alltag?

Meeting Abstract

  • Martin Holderried - Universitätsklinik Tübingen, Stabsstelle Strukturplanung und Qualitätsmanagment, Tübingen
  • Rebecca Hummel - Universität Hohenheim, Institut für Health Care & Public Management, Stuttgart
  • Sven Müller - Universitätsklinik Tübingen, Universitätsklinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Tübingen
  • Martin Richter - Universität Hohenheim, Institut für Health Care & Public Management, Stuttgart
  • Jens Maschmann - Universitätsklinik Tübingen, Stabsstelle Strukturplanung und Qualitätsmanagment, Tübingen

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 130. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 30.04.-03.05.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. Doc13dgch209

doi: 10.3205/13dgch209, urn:nbn:de:0183-13dgch2097

Veröffentlicht: 26. April 2013

© 2013 Holderried et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Klinische Behandlungspfade sind Instrumente des Prozessmanagements. Ziel ist es damit durch Koordination, Optimierung und Standardisierung des Behandlungsablaufs dessen Qualität und Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Auch heute noch fehlt dafür vielerorts eine entsprechende IT-Unterstützung so dass interdisziplinär erarbeitete Behandlungspfade häufig in Form von papierbasierten Checklisten in die Krankenakte integriert werden. In dieser Studie werden Nutzungsgrad, Pfadtreue und deren ökonomischen Auswirkungen am Beispiel des Behandlungspfades für die elektive Cholecystektomie (DRG H08B) dargestellt

Material und Methoden: Anhand der Krankenakten, des Klinikinformations-, den Labor- und den Abrechnungssystemen wurden 181 Behandlungsfälle der DRG H08B retrospektiv untersucht und folgende Parameter evaluiert: Nutzungsgrad und Qualität der Checklistendokumentation und die Pfadtreue hinsichtlich Labordiagnostik, Bildgebung und Verweildauer. Darüber hinaus wurden die Pfadabweichungen in Anlehnung an die InEK-Kalkulation ökonomisch bewertet. An statistischen Methoden wurden t-Test, Regressionsanalyse, Lavene-Test, Shapiro-Wilks-Test und F-Test angewendet.

Ergebnisse: Von den 181 untersuchten Fällen der DRG H08B erfüllten 138 die Kriterien für die Integration in den Behandlungspfad. Alle 138 Fälle hatten einen komplikationslosen Behandlungsverlauf. In 50% dieser Fälle (n = 69) wurde eine entsprechende Checkliste angelegt. Entsprechend den Anforderungen wurde die Checkliste nur in 13,8% der Fälle (n = 19) vollständig ausgefüllt. Bei angelegten und nicht vollständig ausgefüllten Checklisten lagen Laborkosten im Mittel um 63,7% und Verweildauer um 28,5% über den Pfadvorgaben. Wurde keine Checkliste angelegt, waren die Laborkosten im Mittel um 91,6% und die Verweildauer um 48% höher, als vom Behandlungspfad vorgesehen. Bei vollständig ausgefüllten Checklisten lagen Laborkosten im Mittel um 40,7% und Verweildauer um 21% über der Pfaddefinition. Abbildung 1 [Abb. 1].

Schlussfolgerung: Papierbasierte Checklisten, zusätzlich zur medizinischen Dokumentation, sind nur bedingt geeignet Behandlungspfade im klinischen Alltag abzubilden. Zwar konnte eine signifikante Reduktion der Pfadverletzungen mit Zunahme der Checklistendokumentation nachgewiesen werden, dennoch sind auch bei vollständiger Checklistendokumentation regelmäßig nicht begründete Pfadverletzungen mit entsprechenden ökonomischen Auswirkungen aufgetreten. Darüber hinaus lassen die unvollständige Anlage und lückenhafte Dokumentation auf eine eher geringe berufsgruppenübergreifende Akzeptanz von papierbasierten Checklisten im klinischen Alltag schließen.