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129. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

24.04. - 27.04.2012, Berlin

Ist „watchful waiting“ eine Alternative zur Operation bei oligosymptomatischen Narbenhernien? Die Entwicklung des AWARE-Trials

Meeting Abstract

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  • Johannes Christian Lauscher - Charite Campus Benjamin Franklin, Chirurgische Klinik I, Berlin
  • Peter Martus - Charité Campus Mitte, Institut für Biometrie und Klinische Epidemiologie, Berlin
  • Heinz-Johannes Buhr - Charite Campus Benjamin Franklin, Chirurgische Klinik I, Berlin
  • Jörg-Peter Ritz - Charite Campus Benjamin Franklin, Chirurgische Klinik I, Berlin

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 129. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 24.-27.04.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12dgch024

doi: 10.3205/12dgch024, urn:nbn:de:0183-12dgch0243

Veröffentlicht: 23. April 2012

© 2012 Lauscher et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Narbenhernien wurden bislang grundsätzlich als OP-Indikation angesehen, obwohl prospektive Daten zur Inkarzerationsfrequenz und zur Vergrößerung der Hernie im Langzeitverlauf fehlen. In einer Pre-Study untersuchten wir konsekutiv alle Patienten, die in unserer Klinik eine Narbenhernienversorgung mit Netz in Sublay-Position erhielten, um herauszufinden, welche Patienten von einer Operation profitieren. Ziel der von unserer Klinik initiierten prospektiv-randomisierten Multicenter-Studie (AWARE) ist es herauszufinden, ob „watchful waiting“ eine akzeptable Alternative zur operativen Versorgung von oligosymptomatischen Narbenhernien ist.

Material und Methoden: In der Pre-Study wurden prospektiv 93 Patienten eingeschlossen, die einen Narbenhernienverschluss mit Netz erhielten. Das Patientenkollektiv wurde in Abhängigkeit vom präoperativen Schmerzniveau in eine symptomatische und eine oligosymptomatische Gruppe eingeteilt.

Im Rahmen des AWARE-Trials werden Patienten mit oligosymptomatischer Narbenhernie in eine „watchful waiting“ bzw. OP-Gruppe randomisiert. Primärer Endpunkt ist Schmerz während normaler Aktivitäten 2 Jahre nach Studieneinschluss. Nach Fallzahlschätzung werden 630 Patienten benötigt, um die Nicht-Unterlegenheit des „watchful waiting“ zu beweisen. Sekundäre Endpunkte: Behandlungskosten, Patientenzufriedenheit, Lebensqualität, postoperative Komplikationen und Häufigkeit einer akuten Inkarzeration. Während des 2-jährigen Follow-up werden 5 Visiten durchgeführt. Ein Data Safety Monitoring Board wird jährlich zur Supervision der Studie zusammenkommen.

Ergebnisse: In der Pre-Study war nach 18 Monaten Follow-up das Schmerzniveau in der symptomatischen Gruppe auf der Numerischen Analog Skala von durchschnittlich 5,4 auf 1,6 zurückgegangen (p<0,05), in der oligosymptomatischen Gruppe lag es unverändert bei 1,2 präoperativ vs. 1,5 postoperativ. 3,2 % der prospektiv eingeschlossenen Patienten wurden auf Grund einer akuten Inkarzeration operiert.

Die AWARE-Studie ist DFG-gefördert (Förderungsnummer: LA 2380/3-1). Das Studienprotokoll wurde bei http://clinicaltrials.gov/ registriert (identifier: NCT01349400). 12 Studienzentren haben ihre verbindliche Zusage zur Studienteilnahme gegeben. Der erste Patient wird im Oktober 2011 randomisiert.

Schlussfolgerung: Die Daten der Pre-Study weisen darauf hin, dass Patienten mit oligosymptomatischer Narbenhernie bezüglich Schmerz nicht von der Operation profitieren und dass die Inkarzerationsfrequenz gering ist. Daraus ergibt sich die Fragestellung, ob „watchful waiting“ der operativen Versorgung von oligosymptomatischen Narbenhernien ebenbürtig ist. Wäre „watchful waiting“ gleichwertig zur Operation, könnten die Kosten und die Komplikationen der operativen Versorgung vermieden werden.