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126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2009, München

Benötigen wir Leitlinien für die Behandlung des kolorektalen Karzinoms bei Patienten im hohen Lebensalter?

Meeting Abstract

  • W. Sendt - Klinik für Allgemeine und Viszerale Chirurgie, St, Josephs-Stift Bremen, Bremen, Deutschland
  • K. Kleinschmidt - Klinik für Allgemeine und Viszerale Chirurgie, St, Josephs-Stift Bremen, Bremen, Deutschland
  • M. Heise - Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurge, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland
  • U. Settmacher - Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurge, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland
  • corresponding author A. Altendorf-Hofmann - Universitätstumorcentrum Jena, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgch11440

doi: 10.3205/09dgch677, urn:nbn:de:0183-09dgch6774

Veröffentlicht: 23. April 2009

© 2009 Sendt et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Mehr als die Hälfte der Patienten mit kolorektalem Karzinom ist älter als 70 Jahre, etwa ein Viertel älter als 80 Jahre.

Material und Methoden: Für eine konsekutive Serie von 437 Patienten mit, bei denen zwischen 2004 und 2007 ein kolorektales Karzinom reseziert wurde, führten wir eine retrospektive Analyse der postoperativen Komplikationen und Todesfälle in Abhängigkeit vom Alter bei Operation (unter 80 Jahre: 322 Patienten, 80 Jahre und darüber: 115 Patienten) durch. Berücksichtigt wurden der Allgemeinzustand (ECOG), Komorbidität (Charlson-Score), Dringlichkeit der Operation, Lokalisation des Primärtumors und Tumorstadium.

Ergebnisse: Bei Patienten, die 80 Jahre oder älter waren, fanden sich statistisch signifikant häufiger Frauen (p < 0,001), Karzinome im Kolon (p < 0,001), Notfalleingriffe (p=0,003), längere Liegedauer (Median 18 vs. 13 Tage; p < 0,001), reduzierter Allgemeinzustand ECOG 2/3/4 (p < 0,001), Charlson-Score > 1 (p < 0,001), internistische Komplikationen (25% vs. 42%; 0,001) und postoperative Todesfälle (2% vs. 7%; p=0,013). Chirurgische Komplikationen zeigten eine abnehmende Tendenz (15% vs. 10%; p=0,271). Die Indikatoren der chirurgischen Behandlungsqualität (R0-Rate, Rate sphinktererhaltender Eingriffe, Anzahl untersuchter Lymphknoten) und die Stadienverteilung zeigten keine altersabhängigen Unterschiede.Bei Notfalleingriffen stieg die postoperative Sterblichkeit gegenüber elektiven Operationen in der älteren Gruppe statistisch signifikant, (22% vs. 4%; p=0,02), nicht hingegen bei den jüngeren Patienten. Vorbestehende Herzinsuffizienz erhöhte das Risiko eines postoperativen Todesfalles nur bei den Patienten unter 80 Jahren (0,4% vs. 6%; p=0,004), das Auftreten postoperativer systemischer Komplikationen beeinflusste die Letalität in beiden Gruppen (0,4% vs. 6%; p=0,004 bzw. 0% vs. 17%; p < 0,001).In der multivariaten Analyse zeigten von den Merkmalen Alter, Notfalleingriff, ECOG, Charlson-Score, systemische Komplikationen, Lokalisation und Tumorstadium lediglich Notfalleingriffe (p= 0,011) und systemische Komplikationen (p= 0,01) einen unabhängigen Einfluss auf die postoperative Sterblichkeit.In der Logistischen Regression mit der abhängigen Variablen systemische Komplikationen unter Berücksichtigung der obigen Merkmale zeigte nur der reduzierte Allgemeinzustand (p < 0,001) einen unabhängigen Einfluss, ein Charlson-Score von >1 zeigte grenzwertige Signifikant (p=0,059).Auf die Rate chirurgischer Komplikationen hatte die Lokalisation des Tumors im Rektum (p=0,009) und das Tumorstadium III/IV (p=0,022) einen unabhängigen Einfluss. Das Lebensalter war statistisch weder für den postoperativen Verlauf hinsichtlich der chirurgischen (p=0,332) noch hinsichtlich der internistischen Komplikationen (p=0,118) von Bedeutung.

Schlussfolgerung: Bei Patienten mit kolorektalem Karzinom im hohen Lebensalter werden bei gleicher Behandlungsqualität die Risiken der Operation ebenso wie bei jüngeren Patienten durch chirurgisch nicht oder kaum beeinflussbare Randbedingungen (Lokalisation, Tumorstadium, Allgemeinzustand, Notfallsituation) gesteuert. Daher besteht für spezielle Leitlinien der Behandlung von Patienten über 80 Jahre keine dringender Bedarf.