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126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2009, München

Zertifizierung eines interdisziplinären Darmzentrums (IDZ) – lohnen sich der Aufwand und Nutzen für eine chirurgische Klinik?

Meeting Abstract

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  • corresponding author J. Gröne - Chirurgische Klinik I, Campus Benjamin Franklin, Charité, Berlin, Deutschland
  • H.J. Buhr - Chirurgische Klinik I, Campus Benjamin Franklin, Charité, Berlin, Deutschland
  • J.-P. Ritz - Chirurgische Klinik I, Campus Benjamin Franklin, Charité, Berlin, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgch11223

doi: 10.3205/09dgch661, urn:nbn:de:0183-09dgch6611

Veröffentlicht: 23. April 2009

© 2009 Gröne et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Mit der Zertifizierung von Darmzentren auf Empfehlung der Deutschen Krebsgesellschaft wird die Standardisierung der Therapien und sämtlicher perioperativer Abläufe für ein Höchstmaß an Behandlungsqualität gefordert. Der Zertifizierungsprozeß und die Aufrechterhaltung der Vorgaben sind zeit- und personalintensiv. Die tatsächliche Sinnhaftigkeit von Zertifzierungen wird kontrovers diskutiert. Ziel der Analyse war die Prüfung des Aufwandes und des Nutzens nach erfolgreicher Zertifizierung.

Material und Methoden: Folgende Parameter von Patienten mit einem kolorektalen Karzinom (CRC) wurden 12 Monate vor (Zeitraum 1) und 12 Monate nach Zertifizierung des Interdisziplinären Darmzentrums (Zeitraum 2) miteinander verglichen: Aufwand, Qualitäts-verbesserung und weitere Effekte. Der Aufwand wurde mittels eines Score berechnet. Die Summe aller durchschnittlichen Leistungen / Patient (Meldung Tumorboard, Sozialdienst, Info-Broschüre, Pflegen von Therapieheft und zentrale Dokumentation jeweils 1 Punkt) und die Daten zur Evaluation des Nutzens (Morbidität, Dauer der path. Befundung in Tagen, Anteil < 12 untersuchter Lymphknoten/Präparat in Prozent und die Anzahl der CRC-Eingriffe/IDZ-Operateur) aus beiden Zeiträumen (Z1/2) wurden miteinander verglichen.

Ergebnisse: Im Zeitraum 2 wurden 25,51% mehr Patienten mit einem kolorektalen Karzinom operativ behandelt als im Zeitraum 1 (98 vs. 123 Patienten). Der Gesamtaufwand pro Patient hat sich nach Zertifizierung des Darmzentrums (Zeitraum 2) signifikant erhöht (Score 6,4 vs. 1,6; p < 0,05). Die zentrale Dokumentation der Patientendaten, die Info-Broschüre und das Therapieheft wurden erst mit der Zertifizierung (Zeitraum 2) eingeführt (3 Punkte). Alle erhobenen Daten zur Bestimmung des Nutzens zeigten eine Verbesserung im Zeitraum 2 (Tabelle 1 [Tab. 1]) mit einer signifikanten Erhöhung der Eingriffsfrequenz / Darmzentrumsoperateur / Zeitraum (13,33% vs. 33,67%; p < 0,05). Weitere Effekte waren eine Verbesserung der Ergebnisdokumentation (Verlauf), der interdisziplinären Kommunikation und des supportiven Bereiches (Sozialdienst, psychoonkologische Betreuung).

Schlussfolgerung: Mit der Gründung und Zertifizierung eines Interdiszipliären Darmzentrums lässt sich bei der Behandlung von Patienten mit einem kolorektalen Karzinom ein Einfluss auf die direkte Behandlungsqualität am Patienten (u.a. Morbidität) bislang nicht nachweisen und bleibt abzuwarten. Es zeigt sich jedoch in indirekten Einzelaspekten der Behandlungsqualität eine Verbesserung. Auch wenn diese Verbesserung mit einem signifikant gesteigerten Aufwand pro Patient bei unveränderter Personaldecke verbunden ist, sehen wir die Zertifizierung auch im Hinblick auf weitere positive Effekte, wie die Stärkung der Interdisziplinarität, als sinnvoll für die Patientenversorgung an. Inwieweit die Gründung des IDZ einen langfristigen positiven Einfluss auf die Zunahme der Patientenzahl hat, lässt sich momentan noch nicht abschätzen.