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Darbepoetin-α reduziert die Aktivierbarkeit von Thrombozyten in vitro, beeinflußt jedoch nicht die Manifestation mikrovaskulärer Thrombosen in vivo
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Veröffentlicht: | 2. Mai 2006 |
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Einleitung: Hohe Hämatokritwerte werden bei Patienten mit hämatopoetischen Erkrankungen, Sauerstoffmangel und nach Erythropoietin-Doping im Leistungssport beobachtet. Eine pathologische Erhöhung des Hämatokritwertes wird generell mit einer erhöhten Thromboseneigung in Zusammenhang gebracht. Hingegen führte die Applikation von Erythropoietin in klinischen Studien zu einer Verringerung des Infarktvolumens nach cerebraler Ischämie. In neueren Studien wird bei Erythropoietin-überexprimierenden Mäusen mit exzessiv erhöhtem Hämatokrit (ca. 85%) von einer Blutungsneigung mit verlängerten Hämostaseparametern berichtet. Angesichts der kontroversen Datenlage war es Ziel dieser Studie, den Einfluss von Darbepoetin-α (NESP), eines 3-fach länger wirksamen Erythropoietinderivates, auf die mikrovaskuläre Thrombusbildung in vivo und die Thrombozytenfunktion in vitro zu untersuchen.
Material und Methoden: C57BL/6J Mäuse wurden für 4 Wochen mit Darbepoetin-α (1 µg/kg KG sc, 1x/Woche) behandelt. Im Modell der Cremastermuskelpräparation (Ketamin/Xylazin-Anästhesie 90/25 mg/kg ip) wurde nach FeCl3-Superfusion die Kinetik der Bildung von mikrovaskulären Thromben mittels intravitaler Fluoreszenzmikroskopie quantitativ analysiert und zusätzlich die subaquale Blutungszeit als Indikator einer thrombozytär bedingten hämorrhagischen Diathese bestimmt. Zusätzlich wurden an isolierten murinen Thrombozyten durchflußzytometrische Analysen zur Expression von P-Selektin, GPIIb/IIIa und CD107a sowie Western-Blot Proteinanalysen der Tyrosin-spezifischen Phosphorylierung als Zeichen der Zellaktivierung durchgeführt. Mittelwert±SEM; Student´s t-Test bzw. Mann-Whitney U-Test.
Ergebnisse: Nach Vorbehandlung mit Darbepoetin-α waren deutlich erhöhte Werte des Retikulozytenanteils (4.4±0.2% vs. Kontrolle: 2.7±0.2%; p<0.05), des Hämatokrits (54±2% vs. Kontrolle: 47±0%; p<0.05) und der Erythrozytenkonzentration (9.7±0.5 x 101/l vs. Kontrolle: 8.5±0.1 x 101/l) gegenüber Kontrolltieren nachweisbar. Im Gegensatz dazu konnte kein signifikanter Unterschied in der Kinetik der Bildung arteriolärer und venulärer Thromben (komplette Stase: 356±107s bzw. 426±122s vs. Kontrolle: 627±148s bzw. 573±146s) und der subaqualen Blutungszeit (170±35s vs. Kontrolle: 188±20s) zwischen beiden Gruppen beobachtet werden. Western-Blot Proteinanalysen von murinen Thrombozyten Darbepoetin-α behandelter Tiere ergaben eine reduzierte Tyrosin-spezifische Phosphorylierung im Vergleich zu Thrombozyten unbehandelter Kontrolltiere. Übereinstimmend damit zeigten die durchflußzytometrischen Analysen nach Stimulierung mit Thrombin (2U/ml) eine geringere Expression von P-Selektin, GPIIb/IIIa und CD107a auf Thrombozyten von Darbepoetin-α behandelten Tieren.
Schlussfolgerung: Die vorliegende Studie zeigt bei mäßig erhöhten, Darbepoetin-α induzierten Hämatokritwerten von ca. 55% bereits eine reduzierte Aktivierbarkeit von Thrombozyten im Sinne einer Zelldysfunktion, welche sich nicht in einer Blutungsneigung mit Verlängerung der mikrovaskulären Thrombusbildung äußert. Zur endgültigen Klärung des Effektes von Erythropoietin bzw. seiner Derivate auf die Hämostase bedarf es weiterführender Analysen endothelialer und plasmatischer Faktoren.