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Ausbildung Intensivmedizin – Was lernt der angehende Chirurg für das Leben
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Veröffentlicht: | 2. Mai 2006 |
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Einleitung: Eine zumindest 6-monatige Ausbildung in Intensivmedizin ist eine der Voraussetzungen für den chirurgischen Facharzt. An großen Kliniken mit Intensivstationen (ITS) unter chirurgischer Leitung oder interdisziplinären Einheiten müssen die Assistenten mitunter mehrfach auf die ITS rotieren. Dem entgegengesetzt ist der Trend zu einer frühzeitigen chirurgischen Subspezialisierung und zur Einrichtung zentraler Intensiveinheiten unter anästhesiologischer Führung. Vor diesem Hintergrund untersucht die vorliegende Umfrage, wie angehende Chirurgen den Sinn und die Inhalte ihrer intensivmedizinischen Ausbildung einschätzen.
Material und Methoden: Erarbeitung eines zweiseitigen Fragebogens, der an 260 Kollegen in chirurgischen Kliniken verschickt wurde. Die Auswahl erfolgte zufällig aus 4000 Ärzten aus dem aktuellen Mitgliederverzeichnis der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, wobei alle Mitglieder mit einem höheren akademischen Grad als Dr.med. eliminiert wurden. Der Rücklauf innerhalb der ersten 3 Wochen betrug 45%. Die Auswertung der Umfragedaten erfolgte mittels Microsoft Excel©.
Ergebnisse: Eine Zwischenanalyse aus den ersten 100 eingegangenen Fragebögen erbrachte folgende Ergebnisse: Es antworteten 48 Assistenten, die noch vor ihrer Facharztprüfung stehen (Alter 32 ± 3 Jahre) und 52 Fachärzte (42±8 Jahre) aus 34 Kliniken. 42% der Befragten arbeiteten an einem Universitätsklinikum (Uni) oder einem Krankenhaus der Maximalversorgung (KH-max), 15% der Befragten an Intensiveinrichtungen, die rein chirurgisch geführt waren. Im Durchschnitt hatte jeder Befragte 7,5 ± 8,4 Monate auf ITS verbracht, 14% der Befragte waren >12 Monate auf ITS eingesetzt. 18% gaben an, dass durch die ITS-Zeit ihre Ausbildung zum Facharzt verzögert wird oder wurde. Hinsichtlich der Ausbildungsinhalte und der auf ITS verrichten Tätigkeiten hielt die Mehrheit der Befragten (88%) folgende Punkte für die spätere Tätigkeit als Chirurg für (sehr) wichtig: Das Erlernen von Basisprozeduren (Legen zentralvenöser und arterieller Zugänge, Thoraxdrainagen, Intubation, bronchoskopisches Absaugen), das Erstellen von Behandlungspläne (einschl. postoperative Schmerztherapie), die Interpretation von Laborbefunden und die daraus abzuleitenden Therapiemassnahmen. Speziellere Tätigkeiten wie das Erlernen differenzierter Beatmungsverfahren, das Entwöhnen der Patienten vom Respirator wie auch das erweiterte hämodynamisches Monitoring (PICCO) wurden dagegen als weniger wichtig oder für das spätere chirurgische Leben als nicht relevant eingestuft und überwiegend nur von Assistenten an Unis und KH-max beherrscht.
Schlussfolgerung: 90% der Befragten schätzen die Ausbildung auf der ITS als wichtig für ihr späteres chirurgisches Leben ein. Dies betrifft insbesondere das Erlernen intensivmedizinischen Grundwissens und invasiver Standardtechniken. Nur wenn die Ausbildungszeit auf ITS die vorhergesehenen 6 Monate wesentlich überschreitet, wird sie von den angehenden Chirurgen als zu lange angesehen, nicht nur weil sich dadurch die Zeit bis zur Facharztprüfung verlängert, sondern auch weil viele spezielle Techniken nach Meinung der Befragten für ihre spätere chirurgische Tätigkeit nicht relevant sind. Diese und andere Aspekte sollten von den Fachgesellschaften und Abteilungsleitern bei der Festlegung der Ausbildungsinhalte und Planung der Rotationen berücksichtigt werden.