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Prädiktive Faktoren für die OP-Dringlichkeit höhergradiger Milzläsionen bei polytraumatisierten Patienten
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Veröffentlicht: | 7. Oktober 2004 |
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Gliederung
Text
Einleitung
Die Milzverletzung stellt eine häufige abdominelle Organläsion beim polytraumatisierten Patienten dar. Ungeklärt ist die Frage nach klinischen oder radiologischen Faktoren, die ein konservatives Vorgehen bei größeren Milzläsionen (Moore ≥ 2) rechtfertigen. Ziel dieser retrospektiven Untersuchung im Rahmen einer prospektiven Datenerhebung für das Traumaregister der DGU war es, präklinische, innerklinische sowie radiologische Befunde für die Dringlichkeit einer Milzoperation bei polytraumatisierten Patienten zu untersuchen.
Material und Methoden
Von 1999 bis 2003 wurden insgesamt 36 vollständig erfasste Datensätze von Polytraumatisierten (ISS ≥ 24) mit Milzläsion ausgewertet. Die Patienten wurden nach dem klinischen Verlauf beurteilt: Gruppe 1: Dringliche Sofortoperation (n=10) Gruppe 2: Verzögerte Operation nach 24h (n=9) Gruppe 3: Konservative Therapie (n=17) Ausgewertet wurden Alter, ISS, GCS, präklinische Herz- und Atemfrequenz, präklinischer Blutdruck sowie bei Aufnahme im Schockraum, 1. Hb Wert. Ferner wurden die Befunde der radiologischen Verfahren (Sonographie und CT) entsprechend der Klassifikation nach Moore eingeteilt und für die Gruppen 1 und 2 den tatsächlichen intraoperativen Befunden gegenübergestellt. Die statistische Analyse wurde mit dem Mann-Whitney-U-Test durchgeführt (p-wert < 0,05: statistische Signifikanz).
Ergebnisse
Die drei Guppen erwiesen sich bezüglich des Alters als vergleichbar (Median = 39,5). ISS im Median bei 34. Bezüglich prä- und innerklinischer Messwerte (GCS, HF, AF, RR, Hb) ließen sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den drei Gruppen detektieren. Auffällig war jedoch eine deutlich höhere, aber nicht signifikante Erhöhung der Herzfrequenz in Gruppe 1 und 2. Ebenso fiel ein erhöhter Transfusionsbedarf in den ersten 24h von Gruppe 1 und 2 gegenüber Gruppe 3 auf (Median 6 vs. 4 vs. 1 EK bzw. 7 vs. 6 vs. 4 FFP). Die Sonographie war in der Lage, insbesondere kleine Läsionen zuverlässig zu erkennen. Die CT Untersuchung ergab für die Gruppe 1 eine mediane Verletzungsschwere von Moore 3 in Übereinstimmung mit dem intraoperativen Befund (Median Moore 3). Für die Gruppe 2 wurde im CT im Median eine Verletzungsschwere von Moore 2 angegeben, in der verzögerten, intraoperativen Befundung ergab sich jedoch im Median eine Verletzungsschwere von Moore3. In Gruppe 3 stimmten Sonographie und CT (jeweils Median Moore 1) gut überein.
Schlussfolgerung
Für die Vorhersage, ob eine Milzverletzung bei Polytraumatisierten operativ behandelt werden muss, ergeben sich aus präklinischen und klinischen Daten (GCS, RR, Hb, HF) keine eindeutigen Hinweise. Die Sonographie kann zuverlässig kleine Läsionen detektieren, jedoch bei größeren Läsionen keine präzisen Aussagen liefern. Die CT Untersuchung als Goldstandard für die OP Indikation kann bei höhergradigen Milzläsionen nur einen Teil der Patienten zuverlässig detektieren. Patienten, welche verzögert operativ versorgt werden mussten, wurden in der initialen CT Untersuchung eindeutig unterschätzt (Moore 2 vs. Moore 3 intraoperativ, Mediane). Eindeutig geringe Verletzungen der Milz (Moore 1) lassen sich zuverlässig radiologisch erkennen und können so einer konservativen Therapie zugeführt werden. Höhergradige Verletzungen (≥ Moore 2) können in der CT unterschätzt werden. Somit ist ab einer Verletzung von ≥ Moore 3 (im CT) zu einer Operation zu raten. Im Falle eines konservativen Vorgehens bei einer Läsion Moore 2 (CT) ist eine engmaschige Reevaluation erforderlich.