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121. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

27. bis 30.04.2004, Berlin

Interdisziplinäres Management II°-III° offener Frakturen polytraumatisierter Patienten : Timing der Weichteilrekonstruktion

Vortrag

  • presenting/speaker Andreas E. Steiert - Klinik für Plastische-, Hand und Wiederherstellungschirurgie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • T.C. Schreiber - Unfallchirurgische Klinik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • T. Muehlberger - Klinik für Plastische-, Hand und Wiederherstellungschirurgie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • C. Krettek - Unfallchirurgische Klinik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • P.M. Vogt - Klinik für Plastische-, Hand und Wiederherstellungschirurgie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 121. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 27.-30.04.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04dgch0529

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgch2004/04dgch444.shtml

Veröffentlicht: 7. Oktober 2004

© 2004 Steiert et al.
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Gliederung

Text

Einleitung

Offene Frakturen sind komplexe Verletzungen, die sowohl den Knochen, als auch die umgebenden Weichteile betreffen. Durch eine frühe Weichteilrekonstruktion konnten die in der Vergangenheit hohen Amputationsraten konventionell behandelter II°-III° offener Frakturen drastisch reduziert werden. Aufwendige mikrochirurgische Rekonstruktionen des Weichteilmantels führten dabei im Rahmen der Notfallversorgung gerade bei polytraumatisierten Patienten, die zusätzlich thorakale, abdominelle oder intracranielle Verletzungen erlitten zu einer erschwerten Triage chirurgischer Prozeduren. Die Ziele der Behandlung offener Frakturen polytraumatisierter Patienten bestehen in der Prävention von Wundinfektion und Sepsis, Osteosynthese, Weichteilrekonstruktion und Wiederherstellung der Funktion.

Material und Methoden

Wir behandelten in einem Zeitraum von einem Jahr interdisziplinär 17 Patienten mit II°-III° offenen Frakturen. In 13 Fällen handelte es sich um polytraumatisierte Patienten, die zur Weichteilrekonstruktion bei high-energy induzierten Verletzungen einen freien Gewebetransfer benötigten. Alle behandelten Patienten wurden zunächst radikal debridiert, osteosynthetisch versorgt und mit einem temporären Wundverschluss mittels VAC (vacuum assisted closure) -System gedeckt. Ausnahmslos waren die Komplikationswunden initial besiedelt und wurden einem regelmäßigen Debridement und VAC-Wechsel zugeführt. Die Patienten wurden nach 26 Tagen (median) aus der Unfallchirurgischen Klinik in die Klinik für Plastische-, Hand u. Wiederherstellungschirurgie zur Weichteildeckung verlegt. Nach insg. 33 Tagen (median) konnte eine definitive Weichteilbedeckung erreicht werden, so dass die Patienten 19 Tage (median) nach Weichteildeckung entlassen werden konnten.

Ergebnisse

In der Literatur wird die frühe Weichteilrekonstruktion [Fix and Flap [1]] innerhalb 72 Stunden nach Trauma oder die späte Defektdeckung nach drei Monaten empfohlen, da die postprimäre Rekonstruktion eine erhöhte Rate von Lappenverlusten erwarten lässt [2]. Unsere ersten Ergebnisse bei einer relativ kleinen Patientengruppe zeigen, dass beim Einsatz der Vakuumversiegelung und postakuter Lappenverpflanzung kein Lappenverlust auftrat. Das VAC-System erlaubt im interdisziplinären Vorgehen durch einen feuchten, luftdichten Wundverband ein verbessertes Patientenmanagement. Relevant ist dabei der Zeitgewinn im logistischen Ablauf der Behandlung des polytraumatisierten Patienten, sowie die beobachtete Ödemreduktion in der Extremität mit verbesserten lokalen Wundverhältnissen für einen mikrochirurgischen Gewebetransfer.

Schlussfolgerung

Entgegen dem Postulat der frühest möglichen Weichteilrekonstruktion II°-III° offener Frakturen war bei unseren Patienten ein freier Gewebetransfer durch die temporäre Weichteilbedeckung mittels VAC-System im kritischen Intervall [2] zwischen 72 Stunden und drei Monaten nach Trauma ohne Lappenverlust möglich. Die bedeutsame Frage der Inzidenz einer posttraumatischen Osteitis unter konventionellem Wundmanagement und der Vacuumbehandlung sollte Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.


Literatur

1.
Gopal SJ. Fix and Flap. J Bone Joint Surg Br. 2000;82(7):959-66.
2.
Godina M. Early microsurgical reconstruction of complex trauma of the extremities. PRS. 1986;78:285-96.