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Metastatische Läsionen und ihre autologen Primärtumore unterscheiden sich im Expressionsprofil prognoserelevanter Antigene: molekulartherapeutische Konsequenzen beim Magenkarzinom
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Veröffentlicht: | 7. Oktober 2004 |
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Gliederung
Text
Einleitung
Die Stratifizierung von Karzinompatienten für molekulare Therapiestrategien basiert derzeit ausschließlich auf dem Nachweis der entsprechenden Zielmoleküle im Primärtumor. Beispiele hierfür sind das Her2/neu beim metastasierenden Mammakarzinom oder der „epidermal growth factor receptor (EGF-R) beim progredienten Kolonkarzinom. Bei den meisten Patienten kann der Primärtumor jedoch R0-reseziert werden. Folglich hängt die Ansprechrate auf die Zielstruktur-spezifischen Wirkstoffe entscheidend von den molekularen Eigenschaften der metastatischen Läsionen ab. Trotzdem blieb die tumorbiologische Charakterisierung der Metastasen in den vorliegenden klinischen Studien bislang unberücksichtigt.
Material und Methoden
Bei 35 Patienten mit einem metastasierten Magenkarzinom wurden der Primärtumor und die autologen Metastasen unterschiedlicher Lokalisation (regionale Lymphknotenmetastasen, n=32; Lebermetastasen, n=10; Peritonealmetastasen, n=17) bezüglich der Expression der prognoserelevanten Antigene E-Cadherin, CD44s und seiner epithelialen Variante CD44 v9, Lewis X, ICAM-1 und LFA-3 vergleichend untersucht. Mittels der indirekten Immunperoxidasefärbung wurden jeweils die Nachweishäufigkeit und das Expressionsmuster semiquantitativ erfasst. Der Zusammenhang zwischen dem prozentualen Anteil der positiven Karzinomzellen in den primären und autologen metastatischen Läsionen wurde mit Hilfe des Spearman Rank-Korrelationskoeffizienten (rS) überprüft.
Ergebnisse
Die Zelladhäsionsmoleküle Lewis X und ICAM-1 waren in den unterschiedlich lokalisierten Metastasen mit einer ähnlichen Frequenz nachweisbar wie in den autologen Primärtumoren (Lewis X: Primärtumor 58 %, Metastasen 65 %; ICAM-1: Primärtumor 38 %, Metastasen 36 %). Zusätzlich fand sich eine gute Übereinstimmung zwischen den primären und metastatischen Läsionen bezüglich des prozentualen Anteils der positiven Tumorzellen (Lewis X: rS=0,82, p=0,0002; ICAM-1: rS=0,87, p=0,0001). Im Gegensatz dazu war der Prognosefaktor CD44s in den Metastasen unabhängig von ihrer Lokalisation signifikant häufiger (76 %) exprimiert als in den korrespondierenden Primärtumoren (49 %, p=0,02) und darüber hinaus in einer höheren Tumorzellpopulation detektierbar (rS=0,35, p=0,009). Dagegen zeigte das Expressionsprofil der Zelladhäsionsmoleküle E-Cadherin und LFA-3 eine auffällige Abhängigkeit von der Lokalisation der Metastasen. Alle untersuchten Lebermetastasen waren stark E-Cadherin-positiv (>80 % positive Karzinomzellen), während die Lymphknoten- und Peritonealmetastasen wesentlich seltener eine heterogene E-Cadherin-Expression aufwiesen (Lymphknotenmetastasen: 48 %, Peritonealkarzinose: 35 %). Die Untersuchungen zur LFA-3-Expression ergaben, dass neben den Lebermetastasen auch die meisten Peritonealmetastasen (89 %) durch einen hohen Anteil (>50 %) LFA-3-positiver Tumorzellen charakterisiert waren und keine Korrelation mit dem Ausmaß der LFA-3-Expression in den korrespondierenden regionalen Lymphknotenmetastasen bzw. autologen Primärtumoren bestand (rS=0,59, p=1,3).
Schlussfolgerung
Für verschiedene prognoserelevante Antigene besteht zwischen dem Primärtumor und seinen autologen Metastasen eine ausgeprägte molekulare Heterogenität, die sowohl auf einer organspezifischen Selektion bestimmter Karzinomzellen, als auch auf einem modulierenden Einfluss des Organmikromilieus begründet sein könnte. Die Berücksichtigung der tumorbiologischen Eigenschaften der metastatischen Läsionen bei Antigen-spezifischen Therapieansätzen könnte wesentlich zur Selektion geeigneter Patienten und darüber hinaus zur Bestimmung der optimalen biologisch aktiven Dosis des spezifischen Inhibitors beitragen.