gms | German Medical Science

26. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V.

06.03. - 08.03.2024, Aalen

Vorlesen in informellen Bildungssettings – Bedarfe und Präferenzen aus der Sicht von Kindern mit Taubheit/Hörbehinderung

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • presenting/speaker Lillian Siebert - Ludwig-Maximilians-Universität, München, Deutschland
  • Christian Müller - Ludwig-Maximilians-Universität, München, Deutschland
  • Sarah Imhof - Ludwig-Maximilians-Universität, München, Deutschland
  • Laura Avemarie - Ludwig-Maximilians-Universität, München, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e.V.. 26. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie. Aalen, 06.-08.03.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc169

doi: 10.3205/24dga169, urn:nbn:de:0183-24dga1695

Veröffentlicht: 5. März 2024

© 2024 Siebert et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Fragestellung: Das Vorlesen unterstützt Kinder mit Taubheit/Hörbehinderung (mTHB) u.a. in der Sprachentwicklung wirksam [1]. Da bisher keine Studien zur Sichtweise von Kindern mTHB auf das Vorlesen existieren, wird die Frage nach Bedarfen und Präferenzen von Kindern mTHB in Bezug auf das familiäre Vorlesen beantwortet. Potenzielle Zusammenhänge mit der bevorzugten Kommunikationsform werden identifiziert.

Methode: Im Rahmen eines Mixed-Methods-Designs wurden Daten von N = 55 gebärden- und/oder lautsprachlich kommunizierenden (gsk/lsk) Kindern mTHB im Alter von drei bis zwölf Jahren (M = 8,20, SD = 2,07) zu ihren Bedarfen und Präferenzen hinsichtlich des Vorlesens im familiären Kontext erhoben. Die quantitativen Daten wurden anhand vollstrukturierter Interviews gewonnen und deskriptiv sowie inferenzstatistisch mittels Kreuztabellen und Korrelationsmatrizen analysiert. Die durch leitfadengestützte Interviews erhobenen qualitativen Daten wurden mit der fokussierten Interviewanalyse [2] ausgewertet.

Ergebnisse: 93% der Kinder mTHB äußern das Bedürfnis, vorgelesen zu bekommen. 63% wünschen sich, dass ihnen häufiger vorgelesen wird als bisher. 50% der Kinder mTHB, unabhängig von der Kommunikationsform, empfinden das Vorlesen als anstrengend. Als Barrieren werden u.a. Störgeräusche und Sprachverständnisprobleme angegeben. Das Bedürfnis nach Reduktion dieser Barrieren ist vorhanden. Bei der Kommunikation bezüglich des Vorlesens zeigt sich, dass die gleichzeitige Sichtbarkeit von sprachverständnisunterstützenden Bildern, Gebärden und Mundbild der vorlesenden Person insbesondere von gsk Kindern eingefordert wird. Dies wird durch den Zusammenhang zwischen der bevorzugten Position und Kommunikationsform (p < ,05) deutlich: 71% der gsk Kinder präferieren beim Vorlesen die Sitzposition, während 71% der lsk Kinder das Liegen vorziehen. Des Weiteren besteht der Bedarf nach aktiver Beteiligung durch vorlesebegleitende Kommunikation über Bilder und Geschichten (49%) und zur Partizipation durch Zuhören/Zuschauen (68%).

Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse weisen auf ein starkes Bedürfnis von Kindern mTHB nach Vorlesen in der Familie hin. Bedarfe und Präferenzen von Kindern mTHB sollten bei der Gestaltung der Vorlesesituation künftig intensiver berücksichtigt werden, um Barrieren zu reduzieren und so das entwicklungsförderliche Potenzial besser nutzen zu können. Abhängig von der präferierten Kommunikationsform des Kindes sollte eine entsprechende Sitz-/Liegeposition gewählt werden. Kindern mTHB sollte Partizipation am Vorlesen in Form aktiver Kommunikation und durch Zuhören/Zuschauen ermöglicht werden.


Literatur

1.
Trussell JW, Hasko J, Kane J, Amari B, Brusehaber A. Interactive Storybook Reading Instruction for Preschoolers Who Are Deaf and Hard of Hearing: A Multiple Probe Across Behaviors Analysis. Lang Speech Hear Serv Sch. 2018 Oct 24;49(4):922-37. DOI: 10.1044/2018_LSHSS-17-0085 Externer Link
2.
Kuckartz U, Rädiker S. Fokussierte Interviewanalyse mit MAXQDA: Schritt für Schritt. Wiesbaden: Springer VS; 2020.