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25. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V.

01.03. - 03.03.2023, Köln

Wie häufig sind periphere Hörstörungen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland und in welchem Alter werden Kinder erstmals mit Hörhilfen versorgt?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Elena Pützer - Universität, Medizinische Fakultät und Uniklinik, Klinik für Hals, Nasen-, Ohrenheilkunde, Kopf- und Nackenchirurgie, Köln, DE
  • Heike van de Sand - Uniersität zu Köln, Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, PMV Forschungsgruppe, Köln, DE
  • Jasmin Filip - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät, Department Heilpädagogik und Rehabilitation, Lehrstuhl Audiopädagogik, Köln, DE
  • Ingo Meyer - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät, Department Heilpädagogik und Rehabilitation, Lehrstuhl Audiopädagogik, Köln, DE
  • Ingrid Schubert - Universität zu Köln, Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, PMV Forschungsgruppe, Köln, DE
  • Karolin Schäfer - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, HNO-Klinik, Köln, DE

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e.V.. 25. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie. Köln, 01.-03.03.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc136

doi: 10.3205/23dga136, urn:nbn:de:0183-23dga1362

Veröffentlicht: 1. März 2023

© 2023 Pützer et al.
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Gliederung

Text

Im Projekt DiViDe wurden Forschungsfragen zur Diagnosehäufigkeit und Versorgung hörgeschädigter Kinder und Jugendlicher in Deutschland mithilfe von Routinedaten einer der größten deutschen gesetzlichen Krankenkassen beantwortet. Unter anderem wurde untersucht, wie hoch die administrative Prävalenz von peripheren Hörstörungen bei Kindern unter 18 Jahren in Deutschland war und in welchem Alter die Kinder erstmalig eine Hörhilfenverordnung erhielten. Gesetzliche Krankenversicherungen (GKV) erfassen und speichern für Abrechnungszwecke große Datensätze, sogenannte GKV-Routinedaten [1], [2]. Mittels der GKV-Routinedaten wurde zur Prävalenzschätzung eine Querschnittsanalyse für die Jahre 2010–2020 bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 17 Jahren und zur Versorgungssituation eine Längsschnittanalyse einer Kohorte von Kindern des Geburtsjahrgangs 2010 vorgenommen. Es wurde eine administrative Prävalenz berechnet, die alle Kinder und Jugendlichen umfasst, die über die ICD-Diagnosen der Gruppe H90.- mit festgelegten Kriterien validiert wurden und/oder eine Hörhilfenverordnung erhielten. Nach dieser Falldefinition lag im Jahr 2019 bei 0,61% aller betrachteten Kinder unter 18 Jahren eine Hörstörung vor. Die Prävalenz lag im Alter von 4 bis 6 Jahren am höchsten (0,97% - 0,99%). Die Altersgruppe mit den geringsten Anteilen stellte die Gruppe der Kinder unter einem Jahr dar (0,16%). In der Geburtskohorte 2010 (n = 38.705) wurde bei insgesamt 1,22% der Kinder in den ersten zehn Lebensjahren erstmals eine Hörhilfe verordnet. Die meisten Erstverordnungen im Vergleich über die einzelnen Lebensjahre waren anteilig mit 0,19% im 4. und 5. Lebensjahr zu finden. Die administrative Prävalenz im 1. Lebensjahr ist vergleichbar mit bekannten Prävalenzdaten von permanenten Hörstörungen bei Neugeborenen [3]. Neu sind die Prävalenzdaten bis zum Alter von 18 Jahren, die erworbene und später entdeckte Hörstörungen miteinschließen. Bei einem Großteil der Kinder und Jugendlichen fand die Versorgung nach dem 1. Lebensjahr statt, was darauf hindeutet, dass diese nicht im Rahmen des Neugeborenenhörscreenings (NHS) stattfand. Hier handelt es sich vermutlich um erworbene oder zunächst unbekannte Hörstörungen, z.B. kontrollbedürftige Messergebnisse im NHS, die anschließend nicht mehr nachuntersucht wurden. Die höheren Prävalenzen und die häufige Erstversorgung mit Hörhilfen im Vorschul- bis Schulalter deuten an, dass der Anteil erworbener oder später versorgter Hörstörungen durchaus hoch ist. Hier wird ein Bedarf an umfassenden Trackings von auffälligen Kindern im Rahmen des NHS sowie weiterer Erfassungsmethoden im Vorschulalter offensichtlich. Die Daten ermöglichen keine Aussage darüber, welcher Schweregrad der Hörstörung vorliegt, da dies in den ICD-Codes nicht klassifiziert wird. Das Projekt wurde gefördert aus Mitteln der KIND-Hörstiftung und der Internationalen Hörstiftung. Die Daten wurden von der BARMER bereitgestellt.


Literatur

1.
Schubert I, Köster I, Küpper-Nybelen J, Ihle P. Versorgungsforschung mit GKV-Routinedaten. Nutzungsmöglichkeiten versicherten-bezogener Krankenkassendaten für Fragestellungen der Versorgungsforschung. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz. 2008;51:1095–105. DOI: 10.1007/s00103-008-0644-0 Externer Link
2.
Mansky T, Robra BP, Schubert I. Vorhandene Daten besser nutzen. Für die sektorübergreifende Zusammenführung medizinischer Routinedaten sollten die Krankenkassen zur Lieferung bereits vorliegender Daten verpflichtet werden. Deutsches Ärzteblatt. 2012;109(21):A1082–A1085.
3.
Nennstiel-Ratzel U, Brockow I, Söhl K, Zirngibl A, am Zehnhoff-Dinnesen A, Matulat P, Mansmann U, Rieger A. Endbericht zur Evaluation des Neugeborenen-Hörscreenings 2011/2012 im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses. Stand: 2017 Jan 15. Verfügbar unter: https://www.g-ba.de/downloads/17-98-4329/2017-05-18_Kinder-RL_Annahme_Endbericht_NHS-Bericht.pdf Externer Link