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Identifizierung kritischer Phasen bei der konventionellen Insertion von Cochlea-Implantat-Elektroden in einem In-Vitro-Modell
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Veröffentlicht: | 1. März 2023 |
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Einleitung: Das atraumatische Einführen von Elektrodenträgern ist ein vorrangiges Ziel bei Cochlea-Implantationen. Ziel dieser Arbeit war, die physikalischen Auswirkungen sämtlicher Phasen der Elektrodeninsertion auf die Cochlea umfassend in einem In-Vitro-Modell zu quantifizieren. Basierend darauf wurden Empfehlungen für ein möglichst schonendes Einsetzen des Implantats erarbeitet.
Methoden: Drei Chirurgen mit langjähriger Erfahrung in der Cochlea-Implantation führten insgesamt 30 Insertionen an ein Felsenbeinmodell durch. Der Versuchsaufbau basiert auf einem anatomisch korrekten Scala-Tympani-Modell mit validierten Reibungseigenschaften [1] und erlaubt die simultane Aufzeichnung des chirugischen Mikroskops, der Insertionskraft, des Intracochleären Drucks, der Deformation der Elektrode und der Position der chirurgischen Pinzette. Nach jeder Insertion wurde die persönliche Einschätzung per Fragebogen abgefragt.
Resultate: Basierend auf den Messergebnissen sollte besonderes Augenmerk auf die letzten 5 mm der Insertion gelegt werden, wo mehr als die Hälfte der aufgewendeten Insertionsenergie in die Cochlea eingebracht wird. Unabhängig von der chirurgischen Technik konnten wir ein vermehrtes Auftreten starker Druckspitzen in der zweiten Hälfte der Insertion feststellen. Aufgrund ihrer Stärke ist es möglich, dass diese Schäden an den Innenohrstrukturen verursachen können. Ein grosser Teil dieser Druckschwankung ist auf ein Nachgreifen der Elektrode mit der Pinzette zurückzuführen und eine Verringerung kann nachweislich durch ein vermindertes Umgreifen und eine verbesserte Stabilisierung der Elektrode während dieses Vorgangs erreicht werden. Auch nach der Insertion entstehen weitere intracochleäre Elektrodenbewegungen und in der Folge Druckspitzen und Krafteinwirkungen. Diese werden sowohl durch das Verschliessen des runden Fensters und der posterioren Tympanotomie, als auch durch das Einlegen des Kabels in die Mastoidektomie verursacht. Wir konnten zeigen, dass die Belastung auf die Cochlea deutlich reduziert werden kann, wenn zuerst die posteriore Tympanotomie verschlossen wird, bevor mit dem Platzieren des Kabels fortgefahren wird. Die Selbsteinschätzungen der Chirurgen zeigten keine Korrelationen zu den aufgezeichneten Parametern wie Geschwindigkeit, Gleichmässigkeit, Tremorstärke oder Insertionskräfte.
Diskussion: Selbst für Chirurginnen und Chirurgen mit langjähriger Erfahrung ist eine exakte Einschätzung der Vorgänge innerhalb der Cochlea kaum möglich, und Lernprozesse sind dementsprechend stark erschwert. Die Verwendung eines In-Vitro-Modells zeigte hier grosses Potential aufgrund der Möglichkeit einer umfassenden Aufzeichnung physikalisch relevanter Parameter. Die identifizierten kritischen Phasen, insbesondere das Auftreten starker Kraft- und Druckspitzen beim Nachgreifen des Elektrodenkabels und beim Einlegen des Kabels nach der Insertion können dazu beitragen, Höhrerhalt und Behandlungsergebnisse bei der Cochlea Implantation zu verbessern.