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25. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V.

01.03. - 03.03.2023, Köln

Späte akustisch evozierte Potentiale: Einfluss von Hörsystemen, Störgeräusch und Stimulus-Level

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Lina Wiesel - Universitätsklinikum Köln, Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Köln, DE
  • Pauline Burkhardt - Universitätsklinikum Köln, Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Köln, DE
  • Martin Walger - Universitätsklinikum Köln, Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Köln, DE
  • Ruth Lang-Roth - Universitätsklinikum Köln, Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Köln, DE
  • Izet Baljic - Helios Klinikum Erfurt, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Audiologisches Zentrum, Erfurt, DE
  • Linda Sewelies - Institut für Hörtechnik und Audiologie, Jade Hochschule, Oldenburg, DE
  • Marco Wilmes - Helios Klinikum Erfurt, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Audiologisches Zentrum, Erfurt, DE
  • Thomas Fedtke - Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Braunschweig, DE
  • Marion Bug - Physikalisch-Technische Bundesanstalt*in, Braunschweig, DE
  • Pascale Sandmann - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät, Department Heilpädagogik und Rehabilitation, Lehrstuhl Audiopädagogik, Köln, DE

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e.V.. 25. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie. Köln, 01.-03.03.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc048

doi: 10.3205/23dga048, urn:nbn:de:0183-23dga0489

Veröffentlicht: 1. März 2023

© 2023 Wiesel et al.
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Gliederung

Text

Die Cortical Evoked Response Audiometry (CERA) ist ein Testverfahren, mit dem die späten akustisch evozierten Potentiale (SAEPs), die ihren Ursprung im auditorischen Kortex haben, gemessen werden. Die SAEPs ermöglichen wichtige Schlussfolgerungen im Hinblick auf die kortikale Verarbeitung von sprachlichen und nicht-sprachlichen Reizen. Sie könnten daher bei Patienten von großem Nutzen sein, um die Hörgeräte-Versorgung objektiv zu evaluieren. Wird dies derweil in Australien bereits angewendet [1], werden in Deutschland bislang kaum elektrophysiologische Messverfahren zur Überprüfung der Hörgeräte-Einstellungen eingesetzt. Um langfristig die SAEPs zur Validierung des Versorgungsergebnisses einsetzen zu können, verwenden wir in unserer Studie das Messystem Eclipse (Diatec Diagnostics GmbH, Deutschland; Software: OtoAccessTM v.1.0.2448.22383) aus der klinischen Routine mit einem neuen Freifeldkopfhörer (A2000, Acousticon Hörsysteme GmbH). In einem ersten Schritt wurden bei normalhörenden Erwachsenen (n=10) die SAEPs auf sprachliche Reize (Silbe/da/) in den Bedingungen ohne Hörgerät und mit Hörgerät gemessen. Dabei verwendeten wir zwei linear ohne Verstärkung übertragende Test-Hörgeräte (Phonak Sky B50-P und Oticon Opn Play 1 HdO 105). Ferner wurden die SAEPs bei verschiedenen Stimulations-Pegeln (65 dBSPL, 80 dBSPL) und in den Hörbedingungen ohne und mit Störgeräusch (5 dB Signal-Rausch-Abstand) gemessen. Die SAEP-Analyse fokussierte auf der N1-Komponente, welche ein negatives Potential im Zeitbereich ca. 100 ms nach Stimulus-Beginn darstellt. Die Ergebnisse zeigen für beide Hörgeräte-Typen einen vergleichbaren Versorgungseffekt, der sich in einer verzögerten N1-Latenz in den Situationen mit Hörgerät im Vergleich zur Situation ohne Hörgerät widerspiegelt. Zudem besteht ein Pegeleffekt, der sich in Form einer längeren N1-Latenz für den leiseren als den lauteren Pegel zeigt. Schließlich fanden wir einen Rauscheffekt, der anhand einer späteren N1-Latenz für die Bedingung mit im Vergleich zu ohne Störgeräusch zu beobachten ist. Bei erwachsenen Normalhörenden sind unter Verwendung eines Freifeld-Kopfhörers und bei akustischer Reizung über ein Hörgerät reproduzierbare SAEPs nachweisbar. Unsere Beobachtung, dass die Bedingungen Hören über ein Hörgerät, leiserer Stimulus-Pegel, sowie Präsenz von Störgeräusch zu einer verzögerten N1-Latenz führen, bestätigt frühere Studien, welche eine Modulation der SAEPs durch die Faktoren Hörgeräte-Versorgung, Stimulus-Pegel und Störgeräusch berichteten [2], [3], [4]. Zusammenfassend lassen unsere Ergebnisse vermuten, dass SAEPs, die bei Verwendung eines Freifeld-Kopfhörers und bei akustischer Reizung über ein Hörgerät gemessen werden, wichtige Rückschlüsse über die kortikale Verarbeitung und die Hörbarkeit von Sprachreizen zulassen. Bezüglich der klinischen Relevanz dieser Ergebnisse im Hinblick auf die Validierung des Versorgungsergebnisses bei Kindern können exemplarisch ein normalhörendes Kind und ein Kind mit Hörminderung gezeigt werden. Danksagung für die methodische und technische Unterstützung: Johannes Callø, Matthias Blau, Christopher Bonsel, Harald Bonsel, Thorsten Busch, Inga Holube, Johannes Strauch, Interacoustics, Acousticon Hörsysteme GmbH, Reinheim, Hörakustik-Fachbetriebe Hörgeräte Bonsel GmbH, Wiesbaden, Diatec Diagnostics GmbH, Dortmund.


Literatur

1.
Van Dun B, Carter L, Dillon H. Sensitivity of cortical auditory evoked potential detection for hearing-impaired infants in response to short speech sounds. Audiology Research. 2012 Aug 6;2(1):e13.
2.
Korczak PA, Kurtzberg D, Stapells DR. Effects of sensorineural hearing loss and personal hearing aids on cortical event-related potential and behavioral measures of speech-sound processing: ear and hearing. 2005 Apr;26(2):165–85.
3.
Durante AS, Wieselberg MB, Carvalho S, Costa N, Pucci B, Gudayol N, Almeida Kd. Cortical auditory evoked potential: evaluation of speech detection in adult hearing aid users. Codas. 2014 Sep-Oct;26(5):367–73.
4.
Billings CJ, Tremblay KL, Souza PE, Binns MA. Effects of hearing aid amplification and stimulus intensity on cortical auditory evoked potentials. Audiol Neurotol. 2007;12(4):234–46.