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Musical Ear Syndrome, Cochlea-Implantation und -Explantation: Fallbericht und Versuch einer Modellierung
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Veröffentlicht: | 3. September 2020 |
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Einleitung: Beim sogenannten Musical Ear Syndrome leiden Patienten unter der Wahrnehmung von Musik, welche nicht vorhanden ist. In mehreren Fallberichten trat das Syndrom erstmals nach einer Cochlea Implantation (CI) auf. Das Verständnis des Phänomens ist begrenzt.
Ziel: Präsentation eines etwas außergewöhnlichen Falles mit Musical Ear Syndrom und Versuch einer Modellierung aus klinischer Sicht.
Fallbericht: Eine 67-jährige semiprofessionelle Musikerin mit progredienter Schwerhörigkeit wurde binaural mit CI versorgt. Einen Tag nach der Implantation begann sie, Musik zu hören. Die Musik war für sie immer und durchgehend wahrnehmbar und unabhängig von der Einstellung und dem Gebrauch des CI. Die Rehabilitation an sich war mit einem maximalen Einsilberverstehen von 85% (präoperativ 0%) grundsätzlich erfolgreich. Die Patientin fühlte sich aber durch die Musikwahrnehmung zunehmend derart belastet, dass sie die Explantation verlangte. Entgegen unserem Rat wurde diese 17 Monate später vorgenommen. Nach der Explantation verschwand die Musikwahrnehmung zwar sofort, kehrte aber 3 Monate später ohne erkennbaren Auslöser wieder zurück.
Diskussion: Die auditorische Deprivation wird als wichtigste Ursache des Musical-Ear-Syndroms angesehen. Diese monokausale Erklärung greift aber zu kurz, da ja gerade ein CI, das dieser Deprivation entgegenwirkt, das Syndrom auslösen kann. Unter Einbezug der Daten von weiteren 65 Fällen aus der Literatur haben wir ein einfaches klinisches Modell vorgeschlagen [1]. Wir unterscheiden zwischen einer Grundvulnerabilität, die neben der auditorischen Deprivation z.B. auch den habituellen Abruf von Musik aus dem Gedächtnis umfasst, ferner Trigger, wie beispielsweise eine Cochlea-Implantation, sowie Modifikatoren, wie z.B. Antidepressiva.
Schlussfolgerungen: Eine Cochlea-Implantation kann ein Musical Ear Syndrome auslösen, eine Explantation konnte die Symptome in unserem Fall vorübergehend unterbrechen. Das vorgeschlagene Modell legt nahe, dass ein CI wahrscheinlich dennoch wahrscheinlich nicht die Ursache des Musical-Ear-Syndroms im engeren Sinne ist, sondern eher ein Auslöser in einer Gesamtsituation, welche das Syndrom bereits begünstigt.