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58. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

26.09. - 28.09.2024, Würzburg

Präferierte Medikamentengruppen für Deprescribing in Familienkonferenzen: eine Subanalyse der Cofrail-Studie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Veronika Bencheva - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie, Witten, Deutschland; Universität Witten/Herdecke, Zentrum für Klinischen Studien, Witten, Deutschland
  • Matthias Gogolin - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie, Witten, Deutschland
  • Sven Schmiedl - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie, Witten, Deutschland; Helios-Universitätsklinikum Wuppertal, Philipp Klee-Instituts für Pharmakologie, Deutschland; Universität Witten/Herdecke, Zentrum für Klinischen Studien, Witten, Deutschland
  • Achim Mortsiefer - Universität Witten/Herdecke, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Witten, Deutschland
  • Stefan Wilm - Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin (ifam)
  • Anja Wollny - Universitätsmedizin Rostock, Institut für Allgemeinmedizin, Rostock, Deutschland
  • Eva Drewelow - Universitätsmedizin Rostock, Institut für Allgemeinmedizin, Rostock, Deutschland
  • Manuela Ritzke - Universitätsmedizin Rostock, Institut für Allgemeinmedizin, Rostock, Deutschland
  • Attila Altiner - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Medizinische Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • Andrea Icks - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Instituts für Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie, Düsseldorf, Deutschland
  • Jens Abraham - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Halle, Deutschland
  • Birgitt Wiese - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Biometrie, Hannover, Deutschland
  • Petra A. Thürmann - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie, Witten, Deutschland; Helios-Universitätsklinikum Wuppertal, Philipp Klee-Instituts für Pharmakologie, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 58. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Würzburg, 26.-28.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocSYM-05-05

doi: 10.3205/24degam315, urn:nbn:de:0183-24degam3151

Veröffentlicht: 23. September 2024

© 2024 Bencheva et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Deprescribing kann insbesondere bei älteren Menschen die negativen Auswirkungen der Polypharmazie wie unerwünschte Arzneimittelwirkungen, Stürze und Krankenhausaufenthalte verringern. Die erfolgreiche Implementierung des Deprescribing-Prozesses erfordert die Überwindung von Barrieren, therapie- und medikationsspezifische Kenntnisse und ein patientenzentriertes Vorgehen. In der Literatur wurden verschiedene Leitfäden und Empfehlungen entwickelt, deren praktische Umsetzung oft herausfordernd ist.

Fragestellung: Analyse der Umsetzung der Empfehlungen des Deprescribing-Leitfadens hinsichtlich der Anzahl und Art der abgesetzten Medikamente in der COFRAIL-Studie.

Methoden: In der cluster-randomisierten kontrollierten COFRAIL-Studie (2018–2021) wurde die Medikation von 114 Hausärzt:innen bei 623 gebrechlichen (Rockwood-Skala 5–7), älteren (≥70 Jahre) ambulanten Patient:innen mit Polypharmazie (≥5 Medikamente/Tag) in drei Familienkonferenzen (FK) evaluiert und priorisiert. Dabei wurden potenziell verzichtbare Medikamente mithilfe eines für diese Intervention entwickelten Deprescribing-Leitfadens identifiziert und kontrolliert abgesetzt. Für eine zufällig ausgewählte Gruppe von n=177 Patient:innen innerhalb der Interventionsgruppe (IG) wurden die Medikationspläne vor und nach der ersten und zweiten Familienkonferenz (FK) ausgewertet, wobei besonders auf dokumentierte Medikamentenanpassungen geachtet wurde.

Ergebnisse: Die Patient:innen wiesen ein mittleres Alter von 83,4±5,9 Jahren auf (68% weiblich) und erhielten durchschnittlich 10,4±3,9 Medikamente. Während der Familienkonferenzen wurden im Durchschnitt 2,4±2,1 Medikamente pro Patient:in abgesetzt, wovon 0,2±0,6 wieder angesetzt wurden. Zudem wurden 0,8±1,1 neue Wirkstoffe verschrieben. Somit wurde eine signifikante (p<0,001) Reduktion um 1,4±2,0 Medikamente pro Patient:in erreicht. Die am häufigsten abgesetzten Medikamente waren Wirkstoffe zur Behandlung von Gicht, Statine und Protonenpumpenhemmer mit Absetzraten von jeweils 55%, 45% bzw. 31%. Im Gegensatz dazu wurden Antidepressiva, Antikoagulanzien oder Medikamente zur Behandlung von Blasenfunktionsstörungen weniger häufig abgesetzt.

Diskussion: Diese Analyse gewährt Einblicke in den Prozess der gemeinsamen Entscheidungsfindung zwischen Hausärzt:innen und Patient:innen. Die gezielte Identifizierung von Medikationsgruppen für Deprescribing kann als Grundlage für die Entwicklung zukünftiger Behandlungsstrategien dienen.

Take Home Message für die Praxis: Deprescribing kann dazu beitragen, die Arzneimittellast zu reduzieren.