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Präferierte Medikamentengruppen für Deprescribing in Familienkonferenzen: eine Subanalyse der Cofrail-Studie
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Veröffentlicht: | 23. September 2024 |
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Hintergrund: Deprescribing kann insbesondere bei älteren Menschen die negativen Auswirkungen der Polypharmazie wie unerwünschte Arzneimittelwirkungen, Stürze und Krankenhausaufenthalte verringern. Die erfolgreiche Implementierung des Deprescribing-Prozesses erfordert die Überwindung von Barrieren, therapie- und medikationsspezifische Kenntnisse und ein patientenzentriertes Vorgehen. In der Literatur wurden verschiedene Leitfäden und Empfehlungen entwickelt, deren praktische Umsetzung oft herausfordernd ist.
Fragestellung: Analyse der Umsetzung der Empfehlungen des Deprescribing-Leitfadens hinsichtlich der Anzahl und Art der abgesetzten Medikamente in der COFRAIL-Studie.
Methoden: In der cluster-randomisierten kontrollierten COFRAIL-Studie (2018–2021) wurde die Medikation von 114 Hausärzt:innen bei 623 gebrechlichen (Rockwood-Skala 5–7), älteren (≥70 Jahre) ambulanten Patient:innen mit Polypharmazie (≥5 Medikamente/Tag) in drei Familienkonferenzen (FK) evaluiert und priorisiert. Dabei wurden potenziell verzichtbare Medikamente mithilfe eines für diese Intervention entwickelten Deprescribing-Leitfadens identifiziert und kontrolliert abgesetzt. Für eine zufällig ausgewählte Gruppe von n=177 Patient:innen innerhalb der Interventionsgruppe (IG) wurden die Medikationspläne vor und nach der ersten und zweiten Familienkonferenz (FK) ausgewertet, wobei besonders auf dokumentierte Medikamentenanpassungen geachtet wurde.
Ergebnisse: Die Patient:innen wiesen ein mittleres Alter von 83,4±5,9 Jahren auf (68% weiblich) und erhielten durchschnittlich 10,4±3,9 Medikamente. Während der Familienkonferenzen wurden im Durchschnitt 2,4±2,1 Medikamente pro Patient:in abgesetzt, wovon 0,2±0,6 wieder angesetzt wurden. Zudem wurden 0,8±1,1 neue Wirkstoffe verschrieben. Somit wurde eine signifikante (p<0,001) Reduktion um 1,4±2,0 Medikamente pro Patient:in erreicht. Die am häufigsten abgesetzten Medikamente waren Wirkstoffe zur Behandlung von Gicht, Statine und Protonenpumpenhemmer mit Absetzraten von jeweils 55%, 45% bzw. 31%. Im Gegensatz dazu wurden Antidepressiva, Antikoagulanzien oder Medikamente zur Behandlung von Blasenfunktionsstörungen weniger häufig abgesetzt.
Diskussion: Diese Analyse gewährt Einblicke in den Prozess der gemeinsamen Entscheidungsfindung zwischen Hausärzt:innen und Patient:innen. Die gezielte Identifizierung von Medikationsgruppen für Deprescribing kann als Grundlage für die Entwicklung zukünftiger Behandlungsstrategien dienen.
Take Home Message für die Praxis: Deprescribing kann dazu beitragen, die Arzneimittellast zu reduzieren.