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Auswirkungen von Lieferengpässen bei rezeptpflichtigen Medikamenten auf den Arbeitsalltag von Medizinischen Fachangestellten: Ergebnisse einer Flashmob-Studie
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Veröffentlicht: | 23. September 2024 |
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Hintergrund: In Deutschland kommt es seit 2023 vermehrt zu Lieferengpässen bei verschreibungspflichtigen Medikamenten. Diese wirken sich negativ auf die Patient:innenversorgung aus und beeinträchtigen die Arbeit von Medizinischen Fachangestellten (MFA), die als Teil ihrer Tätigkeit Patient:innenanliegen koordinieren.
Fragestellung: Erfassung der Arbeitssituation von MFA in Zeiten von Lieferengpässen: (1) Häufigkeit von Patient:innenanliegen zu Lieferengpässen, (2) mit ihnen einhergehende Arbeitsbelastung sowie (3) Stresserleben.
Methoden: Die Studie wurde auf Initiative einer MFA partizipativ entwickelt und als Querschnittstudie im Flashmob-Design, d.h. in einem kurzen Zeitraum mit vielen Teilnehmenden, durchgeführt. Sie richtete sich an MFA deutschlandweit. Rekrutiert wurde während regionalen Praxisbesuchen und über u.a. Hausärzteverband, ListServer Allgemeinmedizin, HAFO.NRW, andere Forschungspraxennetze und DESAM-ForNet sowie den Verband Medizinischer Fachberufe. Im Erhebungszeitraum (27.–30.11.2023) dokumentierten teilnehmende MFA alle Anliegen zu nicht-vorrätigen rezeptpflichtigen Medikament, u.a. Präparat, Notwendigkeit erneuter Arztkonsultation, Dauer der Rezeptkorrektur und währenddessen empfundener Stress. Nach Rückmeldungen von Teilnehmenden, der Erhebungszeitraum repräsentiere nicht die Versorgungsrealität, erfolgte eine zweite Erhebung (08.–12.04.2024). Die deskriptiven Auswertungen wurden mittels SPSS durchgeführt.
Ergebnisse: In den beiden Erhebungszeiträumen dokumentierten 84 MFA (alle weiblich; im Mittel 41,2 Jahre alt) 152 Anliegen zu Lieferengpässen. Diese umfassten hauptsächlich Antibiotika sowie Medikamente zur Behandlung von Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Asthma. Die Hälfte der Anliegen dauerten <5 Minuten (n=73, 48,0%), zwei Drittel erforderten ärztliche Rücksprache (n=99, 65,1%). Nur wenige Anliegen (n=10, 6,6%) blieben ungelöst. Für mehr als die Hälfte der Anliegen (n=81, 55,5%) fühlten sich MFA unzureichend vorbereitet, sie erlebten davon jedoch nur ein Drittel (n=44, 29,1%) als stressig.
Diskussion: Trotz kleiner Datenbasis deuten die Ergebnisse auf zusätzliche Arbeit für MFA durch Medikamentenengpässe hin. Dass sich MFA trotz des Gefühls unzureichender Vorbereitung auf den Umgang mit Lieferengpässen nicht durchweg gestresst fühlen, könnte auf gute Coping-Mechanismen in unvorhersehbaren Situationen als Teil ihrer täglichen Arbeit schließen lassen.
Take Home Message für die Praxis: Die Perspektive von MFA und ihr Erleben des Praxisalltags ist aufgrund ihrer zentralen Funktion in der Patient:innenversorgung für die (partizipative) Forschung relevant.