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58. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

26.09. - 28.09.2024, Würzburg

Intelligente Entlastung der Infektsprechstunde – wie mit Hilfe von selbstberichteten Anamnesen Delegation erleichtert werden könnte

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Michael Bock - Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin, Mannheim, Deutschland; Hausärzte am Spritzenhaus, Deutschland
  • Adrian Krotz - Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin, Mannheim, Deutschland
  • Joachim E. Fischer - Gesund vorOrt Dienstleistungsgesellschaft mbH, Deutschland
  • Wolfgang C. G. von Meißner - Hausärzte am Spritzenhaus, Deutschland; Europäische Fachhochschule Köln, Köln, Deutschland; Gesund vorOrt Dienstleistungsgesellschaft mbH, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 58. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Würzburg, 26.-28.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocP-06-07

doi: 10.3205/24degam218, urn:nbn:de:0183-24degam2183

Veröffentlicht: 23. September 2024

© 2024 Bock et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Obere Atemwegsinfekte sind einer der häufigsten Beratungsanlässe in deutschen Hausarztpraxen. Obwohl diese oft in Delegation, bspw. durch einen Physician Assistant (PA) oder asynchron telemedizinisch behandelt werden könnten, fehlt es bisher an praktikablen Lösungen zur Umsetzung und Integration in bestehende Praxisabläufe. Automatisierbare Entscheidungsalgorithmen, die die Dringlichkeit einer Konsultation bei oberen Atemwegsinfekten anhand anamnestischer Angaben und individuellem Risiko noch vor Aufsuchen der Praxis einschätzen und somit den schonenderen Einsatz der Ressource ärztlicher Arbeitszeit ermöglichen, könnten die saisonale Überlastung hausärztlicher Praxen reduzieren.

Fragestellung: Welche Anforderungen muss ein Algorithmus erfüllen, der automatisiert im Rahmen einer online-Terminvereinbarung anhand selbstberichteter Anamnese unter Berücksichtigung des individuellen Risikos in primärversorgende Delegationsstufen triagiert?

Methoden: Zur Kriteriendefinition wurden Entscheidungsmuster und individuelle Red-Flags aus Literatur- und Leitlinienempfehlungen sowie 10 Experteninterviews herangezogen. Es wurden fünf Dringlichkeitsstufen definiert: keine ärztliche Konsultation, telemedizinische Konsultation, nicht dringliche ärztliche Konsultation, gleichtägige Konsultation und Notfall. Anhand dessen wurde ein exemplarischer Algorithmus mit dem Ziel der Detektion delegierbarer Terminanfragen mit geringem individuellem Risiko akut abwendbarer Verläufe entwickelt.

Ergebnisse: Der Entscheidungsalgorithmus bezieht kritische Variablen (z.B. plötzliche Gewichtszunahme bei Dyspnoe), persönliches Risiko (z.B. Z.n. kardialer Dekompensation (I59.9)) sowie Symptomanamnese im Schwere- und Zeitverlauf mit ein. Erste Testdurchläufe mit emulierten typischen Beispielverläufen unter Einbindung strukturierter Follow-up-Befragungen legen einen hohen Prozentsatz delegierbarer Konsultationen nahe.

Diskussion: Zur Erfüllung fachlicher und rechtlicher Anforderungen und Sicherstellung der Versorgungsqualität, explizit in Delegationsstufen ohne Arztkontakt, müssen Symptomveränderungen verlässlich detektiert werden. Dynamische Stufenwechsel im Zuweisungsniveau basierend auf Basisrisikowerten erscheinen dafür sinnvoll. Die integrale Einbindung in bestehende digitale Prozesse der Praxen erscheint als notwendige Implementationsvoraussetzung.

Take Home Message für die Praxis: Die verlässliche Einschätzung individuellen Risikos auf akut abwendbare Verläufe stellt eine relevante Voraussetzung für die Behandlung auf delegativer Basis dar. Digitale Entscheidungshelfen können eine vielversprechende Unterstützung dabei sein.