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Deutlich weniger Hypoglykämien und besserer HBA1C-Wert nach Deeskalation einer intensivierten konventionellen Insulintherapie (ICT) bei 609 Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes – welche Konsequenzen ergeben sich für die Hausarztpraxis?
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Veröffentlicht: | 23. September 2024 |
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Hintergrund: Bei Personen mit entgleistem Typ-2-Diabetes kann eine Intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT) indiziert sein. Nach Rekompensation sollte die ICT rasch deeskaliert werden, denn sie hat keinen günstigen Effekt auf Morbidität oder Mortalität und geht mit der höchsten Hypoglykämie-Rate einher. Außerdem führt sie zu Gewichtzunahme und verursacht den größten Kosten- und Schulungsaufwand. Die ICT ist die Therapie der Wahl beim Typ-1-Diabetes. Sie erfolgt nach dem Basis-Bolus-Konzept mit schnellwirksamen Insulinen zu den Mahlzeiten und langwirksamen Insulinen für den Grundumsatz. Systematische Untersuchungen zum Effekt einer ICT-Deeskalation liegen nicht vor.
Fragestellung: Wie verändern sich bei Personen mit Typ-2-Diabetes die Therapieformen, der HbA1c-Wert und die Häufigkeit von Hypoglykämien nach ICT-Deeskalation?
Methoden: Bei 609 Personen mit Typ-2-Diabetes (Alter 64,9±13,0 Jahre, Diabetesdauer 14,6±9,6 Jahre, BMI 32,2±8,2 kg/m², eGFR 96,8±53,9 ml/min) wurde die ICT auf weniger komplexe Therapie-Formen deeskaliert. Umstellungen erfolgten DEGAM-Leitlinien-gemäß mit Anpassung oder Ergänzung oraler Antidiabetika.
Ergebnisse: Nach 11,9±6,6 Monaten konnten 97,5% (n=594) nachuntersucht werden. Die Therapie-Formen waren: kein Insulin (5,2%; n=31), intermediärwirkende Insuline zur Nacht (IIN; 4,9%; n=29), langwirkende Insuline (Basal unterstützte orale Therapie; 0,3%; n=2), intermediär- und kurzwirkende Insuline in festen Kombinationen (Konventionelle Therapie; 10,9%; n=65), kurzwirkende Insuline (Supplementäre Therapie; 4,0%; n=24), kurzwirkende Insuline und IIN (Supplementäre Therapie plus; 71,9%; n=427) und ICT (2,7%; n=16). Der HbA1c-Wert verbesserte sich von 8,6±1,8% auf 8,0±1,5% (p<0,001). Moderate bzw. schwere Hypoglykämien reduzierten sich von 1,3±4,5 auf 0,5±2,3/Woche/Patient (p<0,001) bzw. 0,039±0,193 auf 0,003±0,058/Jahr/Patient (p<0,001). Das Gewicht blieb unverändert (92,5±21,7 vs. 92,4±21,7 kg; p=0,759). Metformin-Verordnungen stiegen von 40,2 auf 59,6% (p<0,001).
Diskussion: Ein Jahr nach ICT-Deeskalation wurden 2,6-fach weniger moderate und 13-fach weniger schwere Hypoglykämien beobachtet. Es kam zu einer Verbesserung des HbA1c-Wertes ohne Gewichtszunahme. Nur bei 2,7% wurde die ICT-Deeskalation wieder rückgängig gemacht.
Take Home Message für die Praxis: Personen mit Typ-2-Diabetes scheinen von einer ICT-Deeskalation zu profitieren. Die ICT-Deeskalation sollte daher nach Stoffwechsel-Rekompensation regelhaft in Betracht gezogen werden. Dadurch können vor allem schwere Hypoglykämien vermieden werden.