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Vitamin D-Laboranalysen in der Schweiz: Einfluss von Choosing Wisely™ – Empfehlung versus behördliche Regulation
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Veröffentlicht: | 23. September 2024 |
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Hintergrund: Vitamin D-Tests werden in der Schweiz sehr häufig durchgeführt. „Smarter Medicine“, die Schweizer Ausprägung der internationalen Choosing Wisely™- Initiative, nahm im Juni 2021 die Vitamin D-Tests auf ihre Top 5 Liste auf. Im Juli 2022 wurde zusätzlich eine Änderung der Krankenpflegeleistungsverordnung (KLV) in Kraft gesetzt, nach der die Kostenübername der Vitamin D-Tests als Pflichtleistung für Krankenversicherungen nur noch bei Knochen-, Stoffwechselerkrankungen oder bei die Vitamin D-Spiegel beeinflussender Medikamenteneinnahme zulässig ist.
Fragestellung: Das Ziel der Analyse war, die historisch einmalige Gelegenheit zu nutzen, die sich aus der sequentiellen Abfolge von Smarter Medicine-Empfehlung und Verordnungsänderung ergab, in Bezug auf den Einfluss der beiden Massnahmen auf die Vitamin D-Analysehäufigkeit in der Schweiz.
Methoden: Retrospektive Analyse von Abrechnungsdaten 2018–2023 von SWICA, einer der größten Schweizer Krankenversicherungen. Der Zusammenhang zwischen Smarter Medicine-Empfehlung oder Verordnungsänderung und Nutzung der Tests wurde mit Interrupted-Time-Series-Analysen und Paneldaten-Methoden untersucht.
Ergebnisse: Nach Publikation der Smarter-Medicine-Empfehlung sehen wir nur eine geringfügige Reduktion der Nutzung von Vitamin D-Tests von ca. 5%. Im Gegensatz dazu sank die Nutzung nach der KLV-Änderung um 45%. Dieses Muster war sowohl für Patienten mit als auch ohne Indikation zu Vitamin D-Tests zu beobachten.
Diskussion: Die Änderung der Abrechnungsregeln schien eine wesentlich höhere Wirkung auf die Analysehäufigkeit zu haben als die freiwillig umsetzbare Initiative der Ärzteschaft selbst. Letztere mag aber den Anstoß zur entsprechenden Verordnungsänderung gegeben haben. Näher zu untersuchen ist das Phänomen der abnehmenden Tests in der Risikopopulation.
Take Home Message für die Praxis: Die Ergebnisse sollten mit Entscheidungsträgern im Gesundheitssystem reflektiert werden, um die optimale Balance zwischen Regulation und evidenzbasierter Guidance zur Reduktion der Überversorgung zu finden und gleichzeitig zu vermeiden, in Risikopopulation potentielle Unterversorgung auszulösen. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf Hindernisse zu richten, die der Umsetzung von freiwilliger Guidance entgegenstehen.