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Diskriminierung akuter Versorgungsepisoden in der longitudinalen hausärztlichen Betreuung mittels sekundärer Datenanalyse
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Veröffentlicht: | 23. September 2024 |
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Hintergrund: Zeitliche Kontinuität ist ein Kernelement primärmedizinischer Versorgung und schließt Episoden akuter Betreuung ein. Zur Operationalisierung schlugen wir das Interkontakt-Intervall (ICI) vor, die Anzahl von Tagen zwischen zwei aufeinanderfolgenden Kontakten eines Patienten zur Hausarztpraxis.
Fragestellung: Wir stellen datenbasierte systematische Ergebnisse zu Grundlagen von ICI vor und zeigen exemplarisch ihre Nutzanwendung bei basalen Fragen der Versorgungsforschung.
Methoden: Wir untersuchten drei Datensätze aus Praxisverwaltungssystemen deutscher Hausarztpraxen,
- 155 Praxen über 14 Jahre, 325.080 Patienten mit mindestens einem ICI,
- 1 Praxis, 24 Jahre, mit 8.430 Patienten,
- 100 Patienten unter oraler Antikoagulation aus 7 Praxen während 7 Jahren.
Ein ICI von 1 bis 7 Tagen wurde als „Häufignutzung“ (FAT) kategorisiert.
Wir berechneten Zentralmaße, Streuung, Schiefe und Kurtosis der ICI Verteilungen und erzeugten Box-Plots, um Unterschiede zwischen Patienten zu visualisieren. Zum besseren Verständnis zeitlicher Veränderungen bei einem Patienten nutzten wir eine einfache retrospektive ordinale Zeitreihenanalyse (OTSA). Zusätzliche Informationen über den Beratungsanlass, gewonnen als 1.496 dreistellige ICD-Kode Entitäten, wurden entsprechend der Definition des NICE für Multimorbidität, mindestens zwei chronische Erkrankungen, und mittels des M2Q-Kriteriums des Risikostrukturausgleichs operationalisiert zu einem dichotomen Indikator für chronische Multimorbidität eines Patienten (CMM) im Patientenquartal. Ebenfalls wurden „Häufignutzung“ (FAT) sowie akute Versorgungsepisoden (ACE) aus OTSA in bivariaten logistischen Regressionsmodellen mit ICD-Kodes assoziiert.
Ergebnisse: Wir sahen extrem linksverschobene ICI Häufigkeitsverteilungen auf Praxis- und auf Patientenebene und fanden „Häufignutzung“ bei 44,6%, 37,5% und 46,4% aller ICI. 1.496 ICD-Code-Entitäten wurden frequenzabhängig geordnet, mit I10, M54 und E78 an der Spitze. Die meisten dieser führenden ICD-Codes waren auch mit CMM verbunden. Deutlich verschieden davon waren die Ranglisten von ICD-Codes in ihrer Assoziation mit FAT oder mit akuten Versorgungsepisoden, ACE.
Diskussion: Das Interkontakt-Intervall ist eine einfache und universelle longitudinale Maßzahl für die primärmedizinische Versorgung. Sie ermöglicht Operationalisierung chronischer Versorgung, identifiziert Häufignutzung und akute Betreuungsepisoden von Patienten und trägt zur Vergleichbarkeit in der Versorgungsforschung bei.
Take Home Message für die Praxis: ICI ist basale Maßzahl.