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Interprofessionelle Ansätze in der Hausarztpraxis: Effekte eines nicht-ärztlichen Case-Managements auf Patient(inn)enversorgung und Entlastung der Ärzteschaft
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Veröffentlicht: | 23. September 2024 |
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Hintergrund: Der demografisch bedingte zunehmende Druck auf das Gesundheitssystem geht einher mit einer sinkenden Zahl vollzeitbeschäftigter Mediziner(innen). Die ärztliche Behandlungszeit wird dadurch zu einer knappen Ressource, die möglichst ohne vermeidbare Verluste genutzt werden sollte. Eine Entlastung wird häufig in der Verwaltung/Bürokratie sowie bei sozialmedizinischen Beratungs- und Koordinationsaufgaben gewünscht. Letztere umfassen nichtmedizinische Aspekte mit hoher gesundheitlicher Relevanz, die die Therapietreue und den Therapieerfolg maßgeblich beeinflussen. Dazu gehören die Sicherstellung der poststationären Nachsorge, Anträge im Zusammenhang mit Pflegebedürftigkeit und Behinderung, Hilfsmittel, Rehabilitationsmaßnahmen, Krankentransport etc. Insbesondere bei chronisch und mehrfach erkrankten Patient(inn)en ist der Bedarf an koordinierender Unterstützung groß. Die zeitlichen Ressourcen, aber auch die entsprechenden Kompetenzen hierfür sind nur selten vorhanden. Die Delegation der sozialmedizinischen „Lotsenfunktion“ in Form eines Case Managements an qualifiziertes nichtärztliches Praxispersonal stellt eine Option zur Entlastung ärztlicher Ressourcen bei gleichzeitiger Verbesserung der Versorgung dar.
Fragestellung: Kann ein praxisinternes Case-Management die Versorgung aus Sicht der Patient(inn)en und der Ärzteschaft verbessern? Können dadurch ärztliche Ressourcen geschont/entlastet werden? Wie nehmen die Praxisteams die damit verbundenen Veränderungen in den etablierten Strukturen wahr?
Methoden: Auf der Grundlage eines literatur- und evidenzbasierten Implementierungskonzeptes wurde Case-Management in einer hausärztlichen Genossenschaft mit mehreren Praxen/PVZ erprobt und gemischt-methodisch evaluiert. Datengrundlage bildeten schriftliche Befragungen von Patient(inn)en und Praxispersonal, Gruppendiskussionen mit der Ärzteschaft, Interviews mit Case-Managerinnen sowie die Patientenakten und Falldokumentation.
Ergebnisse: Innerhalb eines Jahres wurde der „Lotsendienst“ 55 Mal in Anspruch genommen. Die Daten werden derzeit ausgewertet. Die vorläufigen Ergebnisse zeigen eine positive Bilanz für Patient(inn)en und Ärzteschaft. Das Angebot wurde verstetigt.
Diskussion: Die Erfahrung aus dem Modellprojekt zeigt, dass sich Case-Management erfolgreich in die Primärversorgung integrieren lässt. Eine breite Akzeptanz benötigt jedoch positives Erleben und eine enge Zusammenarbeit der Akteure. Um dies zu ermöglichen, ist ein partizipativer strukturierter Einführungsprozess zu empfehlen.
Take Home Message für die Praxis: Ein strukturiertes Case-Management bietet Hausärzt(inn)en ein vielversprechendes Instrument, um eigene Ressourcen zu schonen und gleichzeitig die Versorgung der Patient(inn)en positiv zu beeinflussen.