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58. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

26.09. - 28.09.2024, Würzburg

Warum sich der Gesundheitszustand meiner Patient:innen mit Multimorbidität plötzlich verschlechtert: ein „Evidence-mapping“-Review assoziierter Faktoren

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Philip Schmidt - Universität Bielefeld, Medizinische Fakultät OWL, AG 5 Allgemein- und Familienmedizin, Bielefeld, Deutschland
  • Amaia Calderón-Larrañaga - Karolinska Institut und Universität Stockholm, Aging Research Center, Stockholm Gerontology Research Center, Stockholm, Schweden
  • Jose Maria Valderas - Nationale Universität Singapur, NUS Yong Loo Lin School of Medicine, Department of Medicine, Singapur, Singapur
  • Marjan van den Akker - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Christiane Muth - Universität Bielefeld, Medizinische Fakultät OWL, AG 5 Allgemein- und Familienmedizin, Bielefeld, Deutschland
  • Svetlana Puzhko - Universität Bielefeld, Medizinische Fakultät OWL, AG 5 Allgemein- und Familienmedizin, Bielefeld, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 58. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Würzburg, 26.-28.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocV-22-04

doi: 10.3205/24degam119, urn:nbn:de:0183-24degam1192

Veröffentlicht: 23. September 2024

© 2024 Schmidt et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Multimorbidität geht mit erheblicher Krankheits- und Behandlungsbelastung einher. Während sich der Gesundheitszustand einiger Patient:innen rasch verschlechtert und eine intensivierte medizinische Versorgung erfordert, bleiben andere Patient:innen relativ stabil. Die Identifizierung von Risikofaktoren für eine rapide Verschlechterung könnte dazu beitragen, den Übergang zu komplexen Krankheits- und Pflegebedürfnissen bei Patient:innen in der Hausarztpraxis zu verhindern.

Fragestellung: Welche Evidenz gibt es zu klinischen, biographischen und versorgungsbezogenen Faktoren, die mit einer rapiden Gesundheitsverschlechterung bei Patient:innen mit Multimorbidität verbunden sind?

Methoden: Zur Entwicklung einer Evidence Map führten wir eine systematische Literaturrecherche in Medline, Cochrane Library, EMBASE, Web of Science und Google Scholar unter Verwendung von Schlüsselwörtern (z.B. „multimorbidity“, „longitudinal studies“) und Freitextbegriffen („multimorbidity“,„multiple chronic condition*“, „longitudinal“) durch. Alle quantitativen Originalstudien, die die longitudinale Assoziation von klinischen, biographischen oder versorgungsbezogenen Faktoren mit dem Ergebnis einer rapiden Gesundheitsverschlechterung bei erwachsenen Patient:innen mit Multimorbidität untersuchten, wurden eingeschlossen. Gemäß „Evidence-map“-Methodik wurden die Ergebnisse narrativ beschrieben und graphisch visualisiert.

Ergebnisse: Unsere Recherche identifizierte 10.206 Studien, von denen 192 eingeschlossen wurden. Darin wurden neun Gruppen von Risikofaktoren für eine rapide Gesundheitsverschlechterung extrahiert und in klinische, biographische und gesundheitsbezogene Domänen klassifiziert. Die Mehrheit der Studien zeigte Assoziationen von klinischen Faktoren mit Mortalität, Behinderung oder Inanspruchnahme der Notfallversorgung. Wenige Studien untersuchten nicht-pharmakologische Versorgungsaspekte, Biomarker und genetische Faktoren. Die Beobachtungszeiträume reichten von 6 Monaten bis über 15 Jahre. Die meisten Studien wurden in Europa durchgeführt, wenige in Nordamerika und anderen Ländern, zumeist als Sekundärdatenauswertungen.

Diskussion: Unsere „Evidence-map“ weist zahlreiche thematisch relevante Beobachtungsstudien aus, wenngleich zumeist als Sekundärdatenauswertung, prospektive Studien zu auslösenden Ereignissen fehlten. Die Studienergebnisse liefern Ansatzpunkte zur Entwicklung von Präventionsmaßnahmen gegen gesundheitlichen Verfall bei multimorbiden Patient:innen.

Take Home Message für die Praxis: Eine Risikostratifikation von Patient:innen mit Multimorbidität wäre bei der Identifikation von Patient:innen mit intensiviertem Betreuungsbedarf hilfreich, um einer rapiden gesundheitlichen Verschlechterung entgegenzuwirken, die Krankheitsprogression zu verzögern und limitierte Ressourcen gezielter einzusetzen.