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58. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

26.09. - 28.09.2024, Würzburg

Die Hausärztliche Versorgung von Patient:innen mit Post-COVID-19-Syndrom – eine qualitative Interviewstudie

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Josefine Schulze - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Lennart Lind - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Nadine Janis Pohontsch - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 58. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Würzburg, 26.-28.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocV-14-02

doi: 10.3205/24degam077, urn:nbn:de:0183-24degam0770

Veröffentlicht: 23. September 2024

© 2024 Schulze et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Corona-Pandemie wurde von der Weltgesundheitsorganisation offiziell für beendet erklärt. Bei einigen Patient:innen hinterlassen COVID-19-Infektionen jedoch weiterhin lang anhaltende gesundheitliche Folgen. Das Post-COVID-Syndrom stellt die Medizin vor besondere Herausforderungen, und es gibt erhebliche Forschungslücken bezüglich Ätiologie, Diagnostik und Behandlung. Obwohl Hausärzt:innen eine Schlüsselrolle in der Versorgung dieser Patient:innen haben, sind ihre Erfahrungen bisher wenig erforscht.

Fragestellung: Die LoCoVGP-Studie untersucht die Perspektive von Hausärzt:innen bezüglich Symptomen, Diagnoseverfahren, interprofessioneller Zusammenarbeit, sowie ihre Einschätzung der verfügbaren Informations-, Behandlungs- und Rehabilitationsangebote. Ziel ist es, Versorgungslücken und Verbesserungspotenziale zu identifizieren.

Methoden: Es wurden semi-strukturierte Telefoninterviews mit 31 Hausärzt:innen aus ganz Deutschland durchgeführt und mittels strukturierender qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet.

Ergebnisse: Die Interviewten betonen die zentrale Rolle der Hausärzt:innen als erste Anlaufstelle und Koordinator:innen von Diagnostik und Therapie. Trotz einer subjektiv eher gering eingeschätzten Prävalenz des Post-COVID-Syndroms zeigen sich betroffene Patient:innen teilweise stark beeinträchtigt, weshalb regelmäßige und längere Konsultationen vereinbart werden. Die unspezifische Definition des Syndroms, Schwierigkeiten in der Attribution von Symptomen sowie das breite Spektrum der klinischen Manifestationen führen zu einem zurückhaltenden Kodierverhalten. Patient:innen erleben langwierige Diagnosepfade und Schwierigkeiten beim Zugang zur spezialisierten Versorgung. Hausärzt:innen behandeln symptomorientiert und legen den Fokus in den Konsultationen auf Selbstmanagement und die Ärzt:innen-Patient:innen-Kommunikation. Der Nutzen von Long-COVID-Ambulanzen wird aufgrund fehlender diagnostischer Marker und kausaler Behandlung teilweise kritisch betrachtet. Interprofessionelle Zusammenarbeit ist entscheidend, wird jedoch durch Kommunikationsbarrieren und die Neuartigkeit sowie Komplexität des Post-COVID-Syndroms erschwert.

Diskussion: Eine einheitliche Diagnosestellung erfordert die Festlegung klarer Diagnosekriterien und klar definierter Schweregrade. Ein Anamneseschema könnte helfen, Symptome und Funktionseinschränkungen, insbesondere bisher weniger beachtete, standardisiert zu erfassen. Zusätzlich besteht der Bedarf an praxisnahen Tools zur Unterstützung der Steuerung von Diagnostik und Behandlung.

Take Home Message für die Praxis: Die aufgezeigten Herausforderungen sind relevant für die Umsetzung der kürzlich beschlossenen Long-COVID-Richtlinie des GBA, die sich vor allem an Hausärzt:innen richtet. Es werden verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten für die Praxis aufgezeigt.