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Häufigkeit, Kombinationen und Versorgungsrelevanz von Kreuzschmerzdiagnosen in der primärärztlichen Versorgung
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Veröffentlicht: | 23. September 2024 |
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Hintergrund: Eine gute Versorgungsqualität von Kreuzschmerzen ist aufgrund deren hoher gesundheitsökonomischen Kosten bedeutsam. Bestehende Leitlinien unterscheiden hinsichtlich der Zuordnung von ICD-Codes zu spezifischen und nicht-spezifischen Kreuzschmerzen und geben verschiedene Therapieempfehlungen. Zur Messung der Qualität der Versorgung von Kreuzschmerzen kommen aufgrund der einfachen Verfügbarkeit Abrechnungsdaten in Frage.
Fragestellung: Wie werden Kreuzschmerzen in Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenkassen kodiert?
Methoden: Anhand der TREND-Kohorte der Study of Health in Pomerania (SHIP) wurden Abrechnungsdaten von 3.837 Proband:innen für den Zeitraum 2014–2019 mittels deskriptiver Statistik analysiert. Der Fokus lag auf der Häufigkeit und Kombination von elf rückenschmerzassoziierten ICD-10 Kategorien, deren Lokalisationsangaben, sowie dem Anteil spezifischer Kreuzschmerzen. Darüber hinaus wurde die Kodierpraxis in den behandelnden Arztgruppen untersucht (ausschließlich Allgemeinmedizin vs. mindestens eine andere Fachgruppe).
Ergebnisse: Bei 2.474 Proband:innen (64,5%) wurde mindestens eine Kreuzschmerzdiagnose kodiert. Die am häufigsten abgerechnete ICD-10-Kategorie war M54 (Rückenschmerzen), die bei 56% der Proband:innen mindestens einmal auftrat. Rund die Hälfte der Proband:innen mit M54-Diagnosen hatte im selben Jahr auch Diagnosen aus anderen Kategorien. Diagnosen, die sich spezifischen Kreuzschmerzen zuordnen lassen, traten bei rund drei Viertel der Proband:innen mit Kreuzschmerzen auf. Proband:innen, die im Beobachtungszeitraum nur in hausärztlicher Behandlung waren, erhielten häufiger ausschließlich den Code M54 und seltener bildgebende Verfahren.
Diskussion: Die Ergebnisse unterstreichen die hohe versorgungsepidemiologische Bedeutung von Kreuzschmerzen. Auf Basis der Leitlinie „Spezifischer Kreuzschmerz“ wären im Gegensatz zu gängigen internationalen Annahmen die meisten auftretenden Kreuzschmerzen spezifisch. Die Bewertung der Versorgung von Patient:innen mit Kreuzschmerzen auf Basis von ICD-Codes aus Abrechnungsdaten ist nur eingeschränkt möglich, da diese nicht geeignet sind, zwischen nicht-spezifischen und spezifischen Rückeschmerzen zu unterscheiden.
Take Home Message für die Praxis: Versorgungsanalysen auf Basis von Abrechnungsdaten sollten die Limitationen der Daten bei der Interpretation berücksichtigen. Statt einer durch Missklassifikation unzuverlässigen Trennung zwischen spezifischen und nicht-spezifischen Rückenschmerzen sollten alle Codes zusammengefasst analysiert werden und akzeptable Referenzbereiche für Bildgebung, Opioidverordnung etc. etabliert werden.